Süddeutsche Zeitung

ÖPNV:Kreis stimmt für MVV-Tarifreform

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Der nach viel Kritik überarbeitete Entwurf wartet mit Verbesserungen für die Fahrgäste auf. Es sei nur "ein erster Schritt", heißt es. Ziel soll sein, dass irgendwann nach Entfernung abgerechnet wird

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die geplante MVV-Tarifreform ist erheblich nachgebessert worden. Mit den neuen Vorschlägen können sich viele Verbundlandkreise nun anfreunden. Der Landkreis Fürstenfeldbruck stimmte - zumindest mit dem Vorabvotum seines Energie, Umwelt- und Planungsausschusses - bei zwei Gegenstimmen der Grünen zu, und zwar schon zum zweiten Mal. Die Fahrgäste profitieren nun von einer im Vergleich zum ersten Reformentwurf großzügiger gestalteten Tarifzoneneinteilung und davon, dass zahlreiche Haltestellen in Übergangsbereiche für zwei Tarifzonen gelegt wurden. Auch wurden manche Ticketpreise gegenüber dem ersten Entwurf gesenkt.

Im Landkreis verbessert sich die Situation unter anderem für die Bahnhöfe Olching und Esting, beide liegen künftig im Übergangsbereich zweier Tarifzonen. Fahrten von dort oder dorthin kosten somit gleich viel. Dies sei nicht nur eine Frage der Gleichbehandlung, lobte der SPD-Kreisrat und Bürgermeister von Olching, Andreas Magg, in der Sitzung, sondern auch "eine Frage der innerörtlichen Verkehrsbeziehungen". Im selben Übergangsbereich liegen Alling, Eichenau, Gröbenzell und Puchheim, auch Maisach und Malching wurden in einem gemeinsamen Bereich angesiedelt. Auch ist es in Zukunft möglich, mit dem Bus von Jesenwang oder Adelshofen innerhalb einer Tarifzone etwa nach Fürstenfeldbruck fahren.

Fahrgäste aus Germering, Gröbenzell, Olching und Puchheim profitieren nun auch davon, mit einer Fahrkarte für ihre Tarifzone bis Pasing fahren zu können, ohne eigens noch ein Ticket für die Zone M - die künftig aus den bisherigen vier Innenstadtringen gebildet wird - lösen zu müssen. Dies sah der bisherige Entwurf vor. Grünen-Kreisrat Martin Runge hatte das zuletzt vehement beanstandet.

Auch die Preise für die Isar-Card-Monatskarte sinken, ebenso werden Tageskarten, die im ersten Entwurf allesamt teurer werden sollten, großteils günstiger. Und auch die Fahrten mit Linienbussen zum jeweiligen S-Bahnhof sind künftig im Ticketpreis inbegriffen. Im Seniorentarif wird die Sperrzeit zwar abgeschafft, dafür aber gilt der Tarif künftig nicht schon mit 60 Jahren wie bisher, sondern erst mit 65 Jahren. Für U-21-Fahrgäste gibt es eine eigene Streifenkarte.

Die Kreisverwaltung hatte für die Kreisräte eigens ein 19-seitiges Tableau mit Tarifbeispielen erarbeitet. In der ersten Diskussionsrunde vor einem halben Jahr war es noch Kreisrat Runge gewesen, der einzelne Beispiele und deren Preissprünge akribisch herausgearbeitet und einander gegenübergestellt hatte. Dennoch hatte der Brucker Kreistag damals deutlich mit 47:12 Stimmen für die Reform votiert. Kritik am Gesamtpaket kam damals überwiegend aus anderen Landkreisen.

Die Grünen verweigerten sich einer Zustimmung auch diesmal. "Wir sind nach wie vor nicht vollumfänglich zufrieden", kritisierte Ausschussmitglied Jan Halbauer die Reformergebnisse. Dass es nun zu Verbesserungen gekommen sei, "ist "unserem energischen Einsatz zuzuschreiben". Auch habe man sich seinerzeit daran gestört, dass der Kreistag "mit fliegenden Fahnen zugestimmt hat anstatt das durchzurechnen". Die Preissteigerungen seien teilweise auch jetzt noch exorbitant, auch werde die Stadt München weiterhin bevorzugt. "Wenn man mehr Leute auf die Schiene bringen möchte, braucht es Anreize dafür", forderte Halbauer: "Das aber schafft diese Tarifreform nicht." Vor allem, weil sie Nutzer von "Kurzzeittickets" bestrafe. Teurer werden beispielsweise Einzel- und Wochenkarten. In den an die Kreisräte ausgereichten Unterlagen heißt es dazu: Die Tarifreform sei vor allem zur Entlastung derer gedacht, "die schon jetzt besonders häufig im ÖPNV unterwegs sind". Hubert Ficker (CSU), Kreistagsreferent für Strukturpolitik und ländlichen Raum, betonte, dass schon der erste Entwurf "mehr Vorteile" gehabt hätte, und nannte die jetzige Reform "einen Zwischenschritt hin zum Entfernungstarif", der eine "weitaus größere Gerechtigkeit" besitze. Möglich geworden sind die Verbesserungen, weil der Freistaat Bayern sich mit 35 Millionen Euro pro Jahr an der Finanzierung der Reform beteiligen wird.

In diesem Zusammenhang sei dann auch der Fall Germering/Harthaus zu lösen, so Ficker. Germerings Oberbürgermeister und CSU-Kreisrat Andreas Haas beklagte denn auch, "dass es nicht gelungen ist, hier den Tarifsprung zu überwinden. Das ist nicht zufriedenstellend." Hermann Seifert, Fachmann für Öffentlichen Personennahverkehr im Landratsamt, erläuterte, dass man weitere 25 bis 30 Millionen Euro benötigt hätte, um das Problem anzugehen. Auch er verwies darauf, dass die Reform mur "ein erster Schritt" sei. Andreas Magg nannte sie "absolut notwendig". Nun hoffe er, dass sich auch Pünktlichkeit und Verlässlichkeit bei der S-Bahn verbessern ließen. Die Zukunft sollte sein, so Magg, dass sich der Kunde beim Ein-, Aus- und Umsteigen überhaupt keine Gedanken mehr machen müsse, sondern dass das System selbständig den günstigsten Tarif ausrechne.

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SZ vom 02.03.2019
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