Süddeutsche Zeitung

Mitten in Fürstenfeldbruck:Wenigstens ein Kreisrat passt auf

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Politiker entscheiden schon mal ohne genaue Kenntnis des Sachverhalts. Martin Runge gelingt es im Kreisausschuss, so machen Kollegen und den Landrat vorzuführen, weil sie sich nicht gut genug informiert haben

Von Peter Bierl

Unvorbereitete Mandatsträger erkannte man früher daran, dass sie erst in der Sitzung des jeweiligen Gremiums den Umschlag aufrissen, in dem die Unterlagen steckten. Eine solche Blöße gibt sich heute nicht einmal mehr die größte Schlafmütze, und in Stadträten, wie etwa Puchheim, in denen fast alle inzwischen ein Tablet vor sich liegen haben, weiß man sowieso nicht, was die Damen und Herren gelesen haben und was nicht.

Indes ist es Martin Runge (Grüne) gelungen, im Kreisausschuss nicht nur manche Kollegen, sondern auch Landrat Thomas Karmasin (CSU) vorzuführen. Eigentlich sollte das Gremium am Donnerstag den Konzessionsvertrag für den Betrieb einer Übertragungseinrichtung für Brandmeldeanlagen in der Integrierten Rettungsleitstelle vergeben. Einziger Bewerber ist die Firma Siemens. Pro aufgeschalteter Brandmeldeanlage soll der Landkreis Fürstenfeldbruck für anfallende Arbeiten 26 Euro im Monat einstreichen, insgesamt 200 000 Euro im Jahr, heißt es angeblich im "beiliegenden" Konzessionsvertrag.

Das Problem war allerdings, dass dieser Hinweis in der Sitzungsunterlage ins Leere ging: Der Entwurf war nicht beigelegt worden war. Runge monierte, dass er nicht etwas beschließen könne, was er noch nicht einmal vorliegen habe. Sonst scheint das wohl niemandem aufgefallen zu sein. Der Landrat witzelte erst, der verantwortliche Mitarbeiter solle vortreten, kramte dann in seinen Unterlagen und musste feststellen, dass auch er kein Exemplar zur Verfügung hatte. Seine Mitarbeiter konnten ihm nur begrenzt aus der Patsche helfen. Karmasin bekam ein Exemplar gereicht, für die Kreisräte lagen keine Kopien vor. Der Tagesordnungspunkt wurde verschoben.

Bis zur nächsten Sitzung sollen alle den Vertragsentwurf ausgehändigt bekommen. Und haben den Text dann sicher auch gründlich studiert.

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Quelle:
SZ vom 18.10.2017
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