Süddeutsche Zeitung

Maisach:Innovation im Süden

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Maisach will Gewerbe nur auf bereits versiegelten Flächen

Von Erich C. Setzwein, Maisach

In Maisach sollen künftig landwirtschaftliche Flächen nicht mehr zu Gewerbegebieten werden. Diese Absicht verfolgt Bürgermeister Hans Seidl (CSU) und hat den Gemeinderat gebeten, in einer Klausur im Herbst über den Stopp des Flächenfraßes zu beraten.

Seidl sprach in der Gemeinderatssitzung von einem "konsequenten Paradigmenwechsel". Erst vor Kurzem ist die Planung für ein kleineres Gewerbegebiet an der Staatsstraße 2345, "Gernlinden Südwest" abgeschlossen worden. Dort war vorher Grünfläche. Solche neue Versiegelungen soll es aber nicht mehr geben. "Nur auf vorbelasteten Flächen", sagte Seidl am Donnerstag und verwies auf das zwischen 35 bis 45 Hektar große Gemeindegebiet im südlichen Teil des Militärflugplatzes. Dort hat BMW sein Fahrertraining etabliert, will aber 2024 abziehen. Für die Zeit danach will Seidl vorsorgen.

Seidl stellte dem Gremium "alternative Planungsgedanken" vor, die er bereits zwei Monate vor der öffentlichen Erklärung von BMW formuliert hatte, den Flugplatz zu verlassen. Er möchte, so wörtlich, eine zukunftsweisende Positionierung der Gemeinde Maisach als Technologie- und Innovationsstandort. Den wollte Seidl schon längst erreichen - zusammen mit BMW. Doch der Konzern hat die Forderungen der Gemeinde nach stärkerem wirtschaftlichen Engagement in Maisach nicht erfüllt. Seidl und dem Gemeinderat aber waren der mögliche Ausbau des Handlingskurses und des Fahrertrainings zu wenig. Mit dem Wegzug von BMW in spätestens drei Jahren fällt auch die Verpflichtung des Konzerns weg, sich um das sein Gelände umgebendes FFH-Schutzgebiet zu kümmern, also es zu erhalten und zu pflegen.

Die Entscheidung von BMW, die Duldungsfrist bis 2026 nicht ausnutzen zu wollen, spielt den anliegenden Kommunen Maisach und Fürstenfeldbruck in die Hände. Während sich für Fürstenfeldbruck nicht viel ändern dürfte, weil lediglich das Verwaltungsgebäude genau an der Stadtgrenze zu Maisach liegt, sind die Auswirkungen für Maisach deutlich größer. Deshalb forderte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Gottfried Obermair, nicht "eine Maxime für die gesamte Fläche", sondern eine gemeinsame Entwicklung der zur Verfügung stehenden, bereits versiegelten Flächen. Peter Aust (SPD) forderte, dass Flächen gespart und für die kommenden Generationen aufgehoben werden sollten.

Da der Gemeinderat eine Klausur im Herbst beschloss, dürfte spätestens dann das vom Bürgermeister vorgeschlagene Nutzungskonzept diskutiert werden. Seidl kann sich vorstellen, dass in einem Bereich östlich der früheren großen Startbahn, also Richtung Gernlinden, eine Photovoltaik-Freiflächenanlage entsteht. Zur Verfügung stünden etwa vier Hektar. "So würde die Möglichkeit bestehen, weitere Energiepotenziale zu erschließen, ohne landwirtschaftliche Flächen dafür in Anspruch nehmen zu müssen."

Seidl befürwortet ausdrücklich, dass die bayerische Polizei weiter ihr Fahrsicherheitstraining im Fliegerhorst abhält. Dort, wo jetzt BMW ist und in allen Bereichen, die nicht unter dem Schutz der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie stehen, könnte nach Meinung Seidls ein Technologie- und Innovationspark entstehen. Auch über die Verkehrserschließung hat sich Seidl schon Gedanken gemacht und schlägt die Straße am Vorfeld vor. Dadurch würden Wohngebiete nicht belastet. Beschäftigte könnten mit den Nahverkehr ihre Arbeitsplätze erreichen.

Seidl will sein Papier als "Diskussionsanstoß" verstanden wissen. Bis zur Klausur soll den Gemeinderäten zudem vorliegen, was die Besitzerin des zur Konversionsgeländes, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, zu den Plänen Maisachs sagt. Die Verwaltung soll ausrechnen, was die Erschließung des Parks kostet. Das hat möglicherweise schon Auswirkungen auf den Haushalt für das kommende Jahr, weil Planungskosten anfallen dürften.

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SZ vom 12.06.2021
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