Süddeutsche Zeitung

Küchenhilfe vor Gericht:Ärger um eine leere Geldbörse

Lesezeit: 2 min

Eine Frau findet eine Geldbörse, nimmt sie mit - und legt sie dann doch wieder zurück. Macht sie sich damit eines Vergehens schuldig? Nein, entschied das Amtsgericht Fürstenfeldbruck.

Teuer zu stehen kam zwei junge Männer der Fund einer Geldbörse in der Volksbank Gernlinden: Weil sie das Bargeld, gut 100 Euro, herausgenommen hatten, mussten sie wegen Unterschlagung jeweils rund 700 Euro Geldstrafe bezahlen. Glimpflicher kam nun ihre 24-jährige Begleiterin davon: Die Maisacherin wurde nach dem Grundsatz, im Zweifel für den Angeklagten, vom Brucker Amtsgericht vom Vorwurf der versuchten Unterschlagung freigesprochen.

Die Küchenhilfe hatte das herrenlose Portemonnaie am späten Abend des 13. Oktober 2009 in der Volksbank entdeckt, nachdem sie dort Geld abgehoben hatte. Laut Anklageschrift war die junge Frau mit ihrem Fund vor die Türe gegangen, hatte nachgeschaut, ob Geld darin war, und ihn wieder zurückgelegt, als sie bemerkte, dass er bereits leer war.

Wie der Verteidiger der Maisacherin schilderte, hatte seine Mandantin schon zu dem Zeitpunkt, als sie am Geldautomaten stand, mitbekommen, wie ihre Freunde die herrenlose Börse fanden. Die Gruppe war leicht betrunken von einem Kneipenbesuch gekommen. "Sie hat auch gemerkt, dass dieses Geld von den anderen beiden an sich genommen wurde", betonte der Jurist. Damit wies er darauf hin, dass die 24-Jährige gewusst hatte, dass das Portemonnaie leer war, als sie es an sich nahm.

Dennoch zeigen die Fotos aus der Überwachungskamera, wie die Angeklagte den Geldbeutel aufhebt, Richtung Türe verschwindet, zurückkehrt und ihn wieder hinlegt. Wie die Maisacherin einräumte, hatte sie ihn genommen, ohne darüber nachzudenken. Erst als sie ihn aufklappte, sei ihr in Anbetracht einer offenen Bewährungsstrafe bewusst geworden, was für "einen Schmarrn" sie gerade mache.

Ohne in das Geldfach zu sehen, habe sie die Börse direkt wieder zurückgelegt, beteuerte die Angeklagte. Ihre Begleiter, die übrigens neben der Geldstrafe auch das gefundene Geld wieder zurückgezahlt haben, tischten nochmals eine andere Version auf. An dem Abend hätte die Angeklagte gedacht, das Portemonnaie gehöre einem von ihnen: Beide berichteten, wie sie aus der Bank gekommen und eine entsprechende Frage gestellt hatte. Auch habe sie sie nicht aufgefordert, sie an ihrem lukrativen Fund zu beteiligen, versicherten beide.

In Anbetracht dieser Gemengelage beantragte die Staatsanwältin einen Freispruch. "Es war letztlich bereits eh' klar, dass das Geldfach leer ist", begründete sie den Antrag, dem sich der Verteidiger anschloss. "Wenn es so war, wie die Angeklagte sagt, und das Gegenteil können wir nicht beweisen, liegt ein Rücktritt vom Versuch vor", erläuterte Richter Johann Steigmayer. Er folgte dem Antrag.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.956142
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.06.2010/alin
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.