Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Was auf den Teller kommt

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Warum ein Ernährungsrat gut und sinnvoll ist: Die Esskultur könnte sich neu erfinden

Von Heike A. Batzer

Wieder ein Gremium, das Ratschläge erteilt? Braucht es das? Sind die Bürgerinnen und Bürger nicht mündig genug, um sich ihre eigene Meinung zu bilden? Zum Beispiel, wenn es darum geht, was sie essen, wann sie essen, wie sie essen? Man ist geneigt, Ernährung für eine ganz private Entscheidung zu halten. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn den Zusammenhängen kann sich der einzelne nicht entziehen.

Sich gesund und richtig zu ernähren, ist schwieriger, als man meinen möchte. Ein Produkt zu kaufen, das satt macht und auch schmeckt, das gesund ist und das körperliche Wohlbefinden fördert, bei dessen Produktion Umwelt, Tierwohl und Arbeitsbedingungen beachtet wurden und dessen Verpackung nicht allzu viel Abfall entstehen lässt - das ist die Idealvorstellung, doch selten zu finden.

Die Lebensmittelindustrie und ihre Marketingexperten werben lieber mit verarbeiteten Produkten, die den Aufwand des Zubereitens und Kochens auf ein Minimum reduzieren und dem gestressten Menschen Zeit sparen. Bei den meisten Lebensmitteln im Supermarkt erfährt der Kunde nicht, was drin ist. Inhaltsangaben sind entweder so klein gedruckt, dass eine Lupe kaum ausreicht, um sie zu lesen, oder so unverständlich, dass das Lesen auch keinen Sinn macht. Eine schnelle, übersichtliche Kennzeichnung beispielsweise über eine Lebensmittel-Ampel, wie Verbraucherschützer sie fordern, verweigert die Industrie.

Doch gerade weil das Angebot immer unübersichtlicher wird, sind unabhängige Beratergremien gefragt. Das können Verbraucherschützer sein, das kann ein Ernährungsrat sein. Wenn nun im Landkreis Fürstenfeldbruck regionale Produzenten und regionale Konsumenten den Schulterschluss üben und gemeinsam für mehr Transparenz und Aufklärung im Bereich Ernährung sorgen und Lust machen wollen auf das Essen als gesundes Genussmittel und Gemeinschaftserlebnis, ist das zu begrüßen. Ein Ernährungsrat könnte über die Jahre dazu beitragen, dass sich die Esskultur wieder neu erfindet: frisch und regional einkaufen, selber kochen, schmecken lernen!

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Quelle:
SZ vom 24.02.2018
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