Süddeutsche Zeitung

Kreis-CSU:Schweigen statt Kritik

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In der Kreis-CSU herrscht eiserne Disziplin. Seine Meinung zu sagen, scheint nicht erwünscht zu sein.

Ein Kommentar von Gerhard Eisenkolb

Die CSU ist eine große Volkspartei. Deshalb ist es normal, dass es in der Landkreis-CSU Mitglieder gibt wie den Gemeinderat Claus Guttenthaler, die in der Flüchtlingspolitik den Kurs des Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Horst Seehofer missbilligen. Der Eichenauer ist sicher kein Einzelfall, aber eine Ausnahme, weil er öffentlich Stellung nimmt und Konsequenzen zieht. Als Landrat Thomas Karmasin vor einer Woche dem Gröbenzeller Gemeinderat das Ultimatum stellte, entweder die zugesagte Flüchtlingsquote zu erfüllen oder den Gröbenzeller Weg der dezentralen Unterbringung aufzuweichen, standen auch die CSU-Räte zur Linie der Gemeinde. Sie unterstützten den Landrat nicht, trauten sich aber auch nicht, dem CSU-Kreischef Paroli zu bieten und für ihren Sonderweg zu werben.

Das ist schade, entspricht aber der von Gerda Hasselfeldt ein- und von Reinhold Bocklet fortgeführten Übung im Kreisverband, treu zur vorgegebenen Parteilinie zu stehen und sich öffentliche Kritik ganz zu verkneifen. Loyalität wird im Landkreis auch von CSU-Funktionsträgern verlangt, die nicht unbedingt Karriere machen wollen. Tritt nicht einer der lokalen oder auswärtigen CSU-Bonzen vor Parteigliederungen auf, um für den Kurs CSU-Staatsregierung und des großen Vorsitzenden zu werben, erübrigt es sich, Inhalte der Parteipolitik anzusprechen. Die Aufregung wie in der aktuellen Flüchtlingskrise oder vor einiger Zeit zum Betreuungsgeld oder zur Autobahnmaut mag noch so groß sein: Die Kreis-CSU schweigt. Die Zeit, in der im Landkreis Programmarbeit geleistet wurde, ist lange vorbei. Die Kreis-CSU reduziert sich damit, abgesehen von kommunalpolitischen Fragen, bei denen die Parteizugehörigkeit nicht relevant ist, auf die Rolle des gut organisierten Wahlvereins, der den Machterhalt sichert.

Wer den Diskurs nicht sucht, hat viele Vorteile. Er eckt nicht an, riskiert nicht, unter die Räder zu kommen und steht immer auf der Seite der Sieger - und kann, was Karmasin liebt, auch mal polemisieren. Deshalb tut es gut, wenn einmal jemand zeigt, dass es in der CSU auch Asylhelfer und eine andere Meinung gibt.

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Quelle:
SZ vom 28.01.2016
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