Süddeutsche Zeitung

Hass gegen Abgeordnete:Kein Platz für Demokratiefeinde

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Es ist erschreckend ist, dass kein Unterschied gemacht wird, ob ein Abgeordneter der CSU, den Grünen oder der SPD angehört. Fakten oder politische Inhalte zählen nicht mehr.

Kommentar von Gerhard Eisenkolb

Wie es um die Demokratie bestellt ist, vermitteln in diesem Wahlkampf nicht die zurzeit wieder allerorten präsenten Plakate mit retuschierten, vom Straßenrand strahlenden Kandidaten-Gesichtern. Das ist die trügerische Sonnenseite. Darüber, dass es auch eine Schattenseite gibt, und wie sehr die Demokratie gefährdet ist, wird leider zu wenig gesprochen. Wer gibt schon gerne zu, zumal wenn er sich zur Wiederwahl stellt, zunehmend in einem unerträglichen Ausmaß beleidigt, bedroht und angegangen zu werden? Daher ist es ein Zeichen von Realitätssinn und Stärke, dass dieser Tage alle drei Bundestagsabgeordneten aus dem Landkreis, Katrin Staffler, Beate Walter-Rosenheimer und Michael Schrodi, auf SZ-Anfrage darüber gesprochen haben, wie sehr ihnen inzwischen Querdenker, Coronaleugner und Rechtsextreme fast täglich zusetzen. Besonders erschreckend ist, dass kein Unterschied gemacht wird, ob ein Abgeordneter der CSU, den Grünen oder der SPD angehört. Alle sind gleichermaßen betroffen. Fakten oder politische Inhalte zählen nicht mehr.

Daher ist es wichtig, dass diejenigen, die letztlich bestimmen, wer in den Bundestag einzieht, auch wissen, welchen Anfeindungen ihre Repräsentanten nur wegen der Wahrnehmung ihres Mandats ausgesetzt sind und weil Andere eine andere Meinung haben. Nachdenklich stimmen insbesondere zwei Aussagen von Beate Walter-Rosenheimer. "Als Politikerin ist man eine Hassperson" und "wenn Politiker ständig schlechtgemacht werden, folgen den Worten irgendwann Taten". Das zeigt, hier setzen Demokratiefeinde, denen auch Abgeordnete der AfD zuzurechnen sind, eine Spirale von Hass und Gewalt in Gang, von der man nicht weiß, welche Folgen diese Entwicklung noch zeitigen kann, wenn dem nicht Einhalt geboten wird.

Dafür sollte etwas Anderes schon jetzt klar sein. Da eine Demokratie auf Werten wie Wahrheit, Respekt, Vertrauen, Verantwortungsgefühl und der Einhaltung von Regeln gründet, ist jeder Angriff auf Katrin Staffler, Beate Walter-Rosenheimer und Michael Schrodi gleichermaßen auch ein Angriff auf deren Amt und deren Wähler. Daher ist das Bekenntnis der drei Mandatsträger als Weckruf zu verstehen, die Demokratie zu schützen, zu stärken und für deren Werte einzustehen. Und es zeugt von deren Mut, ehrlich auszusprechen, was ihnen zugemutet wird. Demokratie lebt nicht von Hass, sondern vom vernünftigen Diskurs.

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SZ vom 28.08.2021
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