Süddeutsche Zeitung

Gröbenzell:Hinter verschlossenen Türen

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Gemeinderat in Gröbenzell diskutiert seine Position im Terrassen-Streit nichtöffentlich

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Der sogenannte Terrassen- Streit steuert auf die nächste juristische Instanz zu. Denn nachdem Concetta Tatti, Mieterin einer barrierefreien gemeindlichen Wohnung, den Außenbereich nach Ihren Bedürfnissen aber ohne Einverständnis des Vermieters umgestaltet hatte, streiten die Parteien seit nunmehr fünf Jahren, vier davon vor Gericht. Im September war Tatti vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck in erster Instanz unterlegen; die Richterin entschied, dass ein Großteil der umstrittenen barrierefreien Terrasse wieder zurück gebaut werden muss. Inzwischen hat Tatti, die in Gröbenzell groß geworden und auf einen Rollstuhl angewiesen ist, Berufung gegen dieses Urteil eingelegt. Und nachdem die Gemeinde auf ihren Antrag von Ende Oktober auf Duldung ihrer Terrasse nicht reagierte, reichte die 44-Jährige Ende 2020 eine entsprechende Klage gegen die Gemeinde ein. Am Donnerstag beriet er Gemeinderat über einen Dringlichkeitsantrag in der Sache - allerdings im nicht öffentlichen Teil.

Zu Beginn der Sitzung versuchen Peter Falk (SPD) und Anton Kammerl (CSU) noch, das Thema im öffentlichen Teil zu diskutieren. "Es gibt keinen Grund, das nicht öffentlich zu behandeln", unterstreicht Falk. Er hatte den Dringlichkeitsantrag gestellt, damit der Gemeinderat sich zu der Auseinandersetzung positioniert. Dazu hat er nämlich nur bis Ende Januar Zeit.

Kammerl zitiert die kommunale Rechtsaufsicht im Landratsamt. Bei der hatte er sich nach den Rahmenbedingungen für die Einteilung in öffentliche und nichtöffentliche Angelegenheiten erkundigt. Demnach obliege diese dem Rathauschef im Rahmen seiner Sitzungsvorbereitung. Es handelte sich dabei aber nur um einen Vorschlag, das letzte Wort dazu habe der Gemeinderat, unterstreicht Kammerl, der sich seit schon seit einigen Monaten mehr oder weniger als Privatperson in die Causa eingeschaltet hat.

Ein Satz von Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) genügt, um eine breite Mehrheit zu überzeugen: "Das haben wir auch bisher immer so gemacht in laufenden Verfahren." 18 Gemeinderäten reicht das als Grund, um gegen eine öffentliche Diskussion zu stimmen. Lediglich die SPD-Fraktion, Kammerl und seine Fraktionskollegin Brigitte Böttcher sowie ein Teil der Grünen-Fraktion, insgesamt zehn Mandatsträger votieren für eine öffentliche Diskussion.

Auf welche Haltung in dem Rechtsstreit sich die Kommunalpolitiker nun verständigt haben, ist deshalb aktuell noch ungewiss. Concetta Tattis neuer Rechtsanwalt, der frühere Gemeinderat der Freien Wähler, Johann Böhmer, ist unterdessen optimistisch, dass seine Mandantin gute Chancen hat, ihre Terrasse bis zu ihrem Auszug behalten zu dürfen.

Vor allem unter dem Aspekt der Gleichstellung sei das aktuelle Urteil nicht haltbar. Denn nach der Argumentation der Gemeinde gehört nur ein circa 4,5 Quadratmeter großer gepflasterter Bereich vor der Terrassentür zur jeweiligen Mietwohnung - die restliche, etwa drei Mal so große Fläche entlang jeder Wohnung ist für die Allgemeinheit gedacht. Sie ist gekiest, für Rollstuhlfahrer deshalb gefährlich und absolut tabu. In der Realität sah das laut Tatti so aus: "Die stellen da ihre Sonnenliege oder ihren Grill auf, und ich kann diesen Teil nicht nutzen." Deshalb hatte sie über "ihren" Terrassenbereich Dielen verlegen lassen.

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SZ vom 26.01.2021
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