Süddeutsche Zeitung

Grafrath:Flüchtlingspaten gesucht

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Im Helferkreis stoßen die Mitglieder an ihre Belastungsgrenze: Jetzt suchen sie neue Mitarbeiter.

Von Manfred Amann, Grafrath

Die Betreuung von Asylbewerbern läuft in Grafrath dank des umfassenden Engagements eines Helferkreises bislang sehr gut und es gab es auch keine Probleme, anerkannte Flüchtlinge unterzubringen. Doch wie lange noch?

"Unsere Familienpaten sind am Anschlag, wir bräuchten Verstärkung". Mit diesen Worten hat Katharina Hemmer vom Helferkreis Grafrath-Kottgeisering im Sozialausschuss darauf aufmerksam gemacht, dass die Betreuungssituation "äußerst angespannt" sei. Wichtig wäre es, neben weiteren Frauen mehr Männer für die Betreuung zu gewinnen, da es Situationen gebe, in denen eine Frau sich nicht das notwendige Gehör verschaffen könne. Manchmal brauche es "eine klare Ansage eines Mannes".

Was Frauen sagen, hat für manche Männer wenig Bedeutung

Dort wo Männer eingebunden seien, wie etwa beim Deutschunterricht, sei die Disziplin auffällig besser. Die Asylbewerber meinten das nicht böse, es sei abhängig von den Herkunftsländern kulturell bedingt, dass Frauenworte nicht das Gewicht hätten, wie das von Männern, erläuterte Hemmer. Sie bat um Unterstützung bei der Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten und bei der Akquise ehrenamtlicher Helfer. Derzeit werden in Grafrath in vier Privatwohnungen insgesamt 58 Flüchtlinge betreut. "Damit ist das derzeitige Soll erfüllt", sagte Bürgermeister Markus Kennerknecht (parteifrei), was man in manch anderer Kommune nicht feststellen könne. Mehrere Paten teilen sich in Grafrath jeweils die Betreuung einer Wohnung.

"Irgendwann brauchen die Betreuer aber auch Mal eine Verschnaufpause", befand Hemmer, leider fehle dafür das nötige Personal. Es seien zwar ein Vielzahl von Bürgern bereit, für kurze Zeit oder bei bestimmten Tätigkeiten Hilfe zu leisten, aber nur wenige seien für einen längeren, durchgängigen Zeitraum abkömmlich.

Migranten könnte die Obdachlosigkeit drohen

Da sich die Betreuung durch Paten bewährt habe, sollte man das System auch beibehalten, befand Bürgermeister Kennerknecht, dem auch Sorge bereitet, wie die steigende Zahl der anerkannten Flüchtlinge zukünftig im Ort untergebracht werden können. Die bisher Anerkannten seien in Nachbargemeinden untergekommen oder weiter weggezogen, sagte der Rathauschef. Man müsse sich aber darauf einstellen, dass sich die Gemeinde um Flüchtlinge kümmern müsse, die bleiben und auch arbeiten dürfen.

Es sei davon auszugehen, dass der Massenzustrom auf den Landkreis anhält und das Landratsamt anerkannte Asylbewerber nicht mehr in den Aufnahmeeinrichtungen wohnen lassen könne, "dann müssen wir die Menschen vor der Obdachlosigkeit bewahren", so Kennerknecht. Der Gemeinderat werde wohl nicht umhin kommen, Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge zu schaffen.

Appell an die Wirtschaft

Hemmer richtete einen Appell an die Privatwirtschaft, Praktikums- und Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Da viele Ausbildungsabschlüsse der Flüchtlinge nicht als gleichwertig anerkannt würden, sei es schwierig, adäquate Arbeitsplätze zu finden. In erster Linie gehe es daher darum, überhaupt Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten. Kennerknecht will nun prüfen, ob es im Verantwortungsbereich der Gemeindeverwaltung Möglichkeiten gibt. Zwei Mal schon hatte die Gemeinde Asylbewerber kurzzeitig beschäftigt.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2015
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