Süddeutsche Zeitung

Glaube:Mit Muslimen zum Gottesdienst

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Wie der Kfz-Meister Martin Zachmann seine Aufgabe in der Flüchtlingsarbeit versteht

Von Erich C. Setzwein, Olching

Dass er ein besonders großes Kruzifix um den Hals trage, sei noch niemandem negativ aufgefallen, sagt Martin Zachmann. Dabei würde man es nach landläufiger Ansicht durchaus erwarten, weil es der 40-Jährige als Betreuer der Asylbewerberunterkunft in der ehemaligen Montessori-Schule in Olching doch mit vielen Muslimen unter den Bewohnern zu tun hat. Zachmann, der Kfz-Meister ist, in der Autoindustrie im Entwicklungsbereich arbeitete und im Sommer dieses Jahres beim Landkreis anheuerte, möchte, das ist deutlich zu spüren, mit seiner Art zur Verständigung unter den Menschen beitragen. Dabei hilft ihm sein christlicher Glaube.

Für den macht er auch durchaus Werbung, wohl aber weniger im missionarischen Sinne als einfach zur Basisbildung. Neulich hat er zusammen mit Ehrenamtlichen einen Ausflug zu einen Gottesdienst in einer katholischen Kirche in Pasing organisiert. Die Christen unter den Flüchtlingen in der Montessori-Schule waren gleich dabei. "Aber es haben sich dann so viele Muslime dafür interessiert, dass gar nicht alle mitfahren konnten." Für Zachmann eine besondere Erfahrung.

Für 35 Menschen in dieser Unterkunft ist er zuständig, daneben kümmert er sich mit seinem Kollegen Andreas Weinhold auch um die Objekte in Gröbenzell, Maisach und Emmering. In der ehemaligen Montessori-Schule plant er an der Erweiterung mit, denn bislang ist nur das Erdgeschoss bezogen. Den Gemeinschaftsraum, in dem gerade zwei kleine Mädchen quietschrosabunte Werbung in einem Kindersender angucken, mag Zachmann besonders. Dort säßen die Bewohner zusammen beim Essen, das sie oft auch gemeinsam in der daneben liegenden Küche zubereiteten. Alles macht einen sauberen Eindruck, Zachmann ist schon stolz darauf, denn Ordnung, Sauberkeit und Pünktlichkeit möchte er als Werte vermitteln. Das, sagt er, sage er bei seinen Kontrollen in der Unterkunft auch.

Wenn mit der Zeit auch der erste Stock und danach der zweite ausgebaut und aus Klassenräumen Wohn- und Schlafzimmer werden, dann können bis zu 106 Menschen in dem Gebäude leben.

Dass so viele Bewohner auch mehr Probleme bedeuten können als jetzt, das weiß der Mann mit dem auffälligen Kreuz, den Ringen im Ohr und der flotten Kappe auf dem kurzrasierten Schädel. Aber Zachmann ist zuversichtlich, dass er auch für die neuen, die da kommen, bald zur gleichen Integrationsfigur werden kann wie für die, die mit ihm schon in die Kirche gefahren sind.

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Quelle:
SZ vom 13.11.2015
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