Süddeutsche Zeitung

Handwerk:Imageprobleme und Vorurteile

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Handwerksbetriebe tun sich schwer zu vermitteln, dass die Ausbildung ähnliche Karrierechancen bietet wie ein Uni-Studium. Wer Meister ist, kann sogar eine Hochschule besuchen

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Es gibt sie noch, die öl- und dreckverschmierten Werkstätten, in denen der Meister den Lehrling schimpft und das Klima genau so ist wie die Umgebung. Solche Arbeitsplätze werden aber seltener, gerade in Betrieben des Kfz-Handwerks findet sich inzwischen nur noch vergleichsweise saubere Werkstätten - mit Auszubildenden in entsprechend sauberer Arbeitskleidung. So etwas hebt die Stimmung und macht den Job attraktiv. Tätigkeiten hingegen, die mit Kälte, Hitze, Gestank, Staub und Gerüchen zu tun haben, sind gewöhnungsbedürftig und für junge Menschen immer weniger vorstellbar. So kommt es, dass der durch neue Ausbildungsinhalte und einem neuen Namen aufgewertete Beruf des Mechatronikers mit an der Spitze der Lehrberufe steht, ebenso wie die abwechslungsreiche und meist kommunikative Tätigkeit des Friseurs. Diese Gewerke haben keine Probleme, Nachwuchs zu finden geschweige denn Nachfolger im Betrieb. Metzger, die , gelinde gesagt, einem blutigen Handwerk nachgehen, oder Bäcker, die zu nachtschlafender Zeit zu arbeiten beginnen, dagegen schon.

Viele Schulabgänger, die sich noch nicht so richtig vorbereitet haben, was nach diesem Sommer so werden wird, werden in den kommenden Wochen und Monaten von verschiedenen Seiten mit vielen Informationen versorgt werden. In ihren Schulen oder auch auf der Fachmesse für Ausbildung und Studium namens "Vocatium", die am 7. und 8. Mai im Veranstaltungsforum Fürstenfeld stattfinden wird. Dort wird die Kreishandwerkerschaft Fürstenfeldbruck vertreten sein, auch deshalb, um Schüler wie Eltern "die Augen zu öffnen", wie Kreishandwerksmeister Harald Volkwein betont. Die Handwerker wollen bei solchen Messen gegen Vorurteile und ein immer stärker werdendes Imageproblem angehen. Sie wollen aufzeigen, dass es bei ihnen mindestens gleich gute Ausbildungs- und Karrierechancen gibt wie bei einem Studium an einer Hochschule. Denn auch wer einen Handwerksberuf lerne, so Volkwein, habe mit erfolgreich abgelegter Meisterprüfung dieselben Zugangsvoraussetzungen für die Uni wie ein Abiturient. Nur mit dem Vorteil, dass der Lehrling und Geselle die ganze Ausbildungszeit über schon Geld verdient hat. Abiturienten, hat Volkwein festgestellt, entdecken erst seit Kurzem, wie ihnen eine handwerkliche Ausbildung vor dem Studium Vorteile verschaffen kann. Die Zahl der freien Ausbildungsplätze ist nach wie vor hoch. Einige Betrieb haben mangels Bewerbern ihre Ausbildung schon ganz eingestellt.

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SZ vom 28.03.2015
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