Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Hürden auf dem Weg nach Berlin

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Vier Politiker vertreten derzeit den auf zwei Wahlkreise aufgeteilten Landkreis Fürstenfeldbruck im Bundestag. Sie wollen ihre Arbeit fortsetzen. Die Einschränkungen durch Corona erschweren den für die Nominierung notwendigen Prozess

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

In der letzten Phase des Kommunalwahlkampfes haben auch die Bundespolitiker im März dieses Jahres schon hautnah erlebt, dass Wahlkampf und soziale Distanzierung sich eigentlich ausschließen. Der direkte Kontakt, der Händedruck, die nicht durch Masken verdeckte Mimik, die Nähe zwischen dem Kandidaten und dem Wähler - das alles ist essenziell für die Bewerbung ums politische Amt.

Nun, da die Corona-Pandemie alle dazu zwingt, sich voreinander zu schützen, dürfte der Wahlkampf für die Bundestagswahl im kommenden Jahr etwas ganz anderes werden, als die Kandidatinnen und Kandidaten je erlebt haben. Wer sich im kommenden Jahr um ein Mandat im Berliner Parlament bemüht, steht größtenteils schon fest. Manche Kandidaten haben sich auch schon nominieren lassen.

Die Wahlberechtigten im Landkreis Fürstenfeldbruck werden erneut in zwei Wahlkreisen abstimmen. Zum kleineren von beiden - bezogen auf das Kreisgebiet - gehört die Große Kreisstadt Germering. Sie liegt im Bundestagswahlkreis Starnberg-Landsberg-Germering, der die Nummer 224 trägt. Den vertritt seit 2017 der ehemalige Bürgermeister von Denklingen (Kreis Landsberg am Lech), Michael Kießling. Er gehört der CSU an und wird voraussichtlich im Frühjahr kommenden Jahres von seiner Partei nominiert werden.

Der übrige Landkreis Fürstenfeldbruck bildet zusammen mit dem Landkreis Dachau den Wahlkreis 215. Dort hat Katrin Staffler aus Türkenfeld das Direktmandat für die CSU geholt und 2017 die langjährige Brucker Abgeordnete Gerda Hasselfeldt beerbt. Von Katrin Staffler ist bekannt, dass sie ihre Arbeit im Parlament gerne fortsetzen möchte, und höchstwahrscheinlich werden sie die CSU-Delegierten bei der Aufstellungsversammlung auch wieder zur Kandidatin wählen. Aber diese Zusammenkunft mit vielleicht 200 Mitgliedern dürfte nach bisherigem Plan der Wahlkreisgeschäftsstelle erst im April 2021 stattfinden. "Wir fahren derzeit nur auf Sicht", mit diesen Worten drückt Petra Schumann vom CSU-Bundeswahlkreisbüro in Fürstenfeldbruck die angespannt Terminlage aus.

Corona hat die sonst üblichen Abläufe völlig durcheinandergebracht, und so werden die eigentlich für das Frühjahr geplanten Versammlungen der Ortsverbände erst Ende Oktober, Anfang November stattfinden. Erst danach folgen Versammlungen auf Kreisebene - sowohl in Bruck als auch in Dachau, und schließlich kommt es zur Nominierung. Staffler, die im kommenden Jahr ihren 40. Geburtstag feiert, hat sich in ihrer ersten Legislaturperiode vor allem mit den Themen befasst, die sie unter anderem als Mitglied im Ausschuss Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union bearbeitet. Auf der Ebene des Wahlkreises ist sie dagegen mit völlig anderen und die Menschen unmittelbar betreffenden Themen befasst.

Das gilt auch für Michael Schrodi aus Olching, der 2017 über die SPD-Liste einen Sitz im Bundestag erringen konnte. Der 43-Jährige wird als fleißiger politischer Arbeiter im Finanzausschuss und im Umweltausschuss beschrieben, und inzwischen schickt ihn seine Fraktion immer häufiger vor, wenn es um Finanz- und Wirtschaftsthemen geht. Seine 30. Rede hat er erst kürzlich im Plenum des Reichstagsgebäudes gehalten, er hat da zur Abgabenordnung gesprochen. Von den Mitgliedern im Kreisverband Dachau und vom Brucker Kreisvorstand hat Schrodi schon ein Votum, erneut zu kandidieren. Freilich muss auch er bei einer Aufstellungsversammlung nominiert werden. Nach bisheriger Planung sollen die Delegierten dafür am 14. November zusammenkommen.

Rasch und ohne viel Aufhebens haben die Liberalen im Wahlkreis Fürstenfeldbruck den Eichenauer Diplom-Informatiker und FDP-Kreisrat Ulrich Bode zu Beginn dieses Monats als Direktkandidaten gekürt. Bode macht seit 2002 Kreispolitik, seit 2016 sitzt er auch im Eichenauer Gemeinderat und kann auf eine länger zurückliegende Karriere bei der Landes-FDP blicken. So war er zwischen 1998 und 2000 Generalsekretär der FDP Bayern. Von 2002 bis 2017 vertrat er die Vereinigung liberaler Kommunalpolitiker in Bayern als Landesvorsitzender. Der 58-Jährige hat vor zwei Jahren für den Landtag kandidiert und war von seiner Partei in diesem Jahr als Gegenkandidat von Thomas Karmasin (CSU) als Landrat aufgestellt worden. Bodes Wahlkampf wird sich im kommenden Jahr um den seiner Meinung nach großen Stau der Reformen drehen, und als Nebenthema hat er das unendliche Thema Bürokratieabbau hinzugenommen.

Auch die Grünen haben schon nominiert. Sie haben sich erneut für Beate Walter-Rosenheimer entschieden, die als Abgeordnete der beiden Landkreise die meiste Erfahrung in Berlin vorweisen kann. Seit 2012 ist die 55 Jahre alte Diplom-Psychologin aus Germering Mitglied des Bundestages, und ihr Hauptaugenmerk liegt auf den Kinder- und Jugendpolitik sowie der Ausbildung. In ihrer Fraktion ist sie Sprecherin für Jugendpolitik sowie für Aus- und Weiterbildung. Sie ist über ihren Wahlkreis hinaus gut vernetzt in Bayern. Ihr Wahlkreisbüro hat sie in der Kreisstadt Dachau.

Im Nachbarwahlkreis 224 bekommt der Inhaber des Direktmandats, Michael Kießling (CSU), Konkurrenz von mindestens zwei Kandidatinnen. So hat die FDP auch dort schon nominiert, und zwar die 53 Jahre alte Journalistin Britta Hundesrügge aus Gauting. Im Mai dieses Jahres wurde die Kreisrätin vom Kreistag Starnberg zur Stellvertreterin des neu gewählten Landrats Stefan Frey (CSU) gewählt. In ihrem Heimatort Gauting gaben ihr die Wähler die Chance für eine zweite Amtszeit als Gemeinderätin. Ihr politischer Schwerpunkt liegt auf der Bildung und der Haushaltspolitik.

Katrin Staffler, CSU

Beate Walter-Rosenheimer, Grüne

Michael Schrodi, SPD

Michael Kießling, CSU

Am 5. November will die SPD ihre Kandidatin wählen, und die ist im Landkreis Fürstenfeldbruck keine Unbekannte: Carmen Wegge, 30, wohnte und war aktiv in Olching. Unter anderem führte sie als Vorsitzende den Verein "Troja", der sich ums Jugendzentrum kümmerte. Einem größeren Publikum ist sie als Poetry-Slammerin bekannt. Wegge arbeitet als Juristin für Arbeits- und Sozialrecht im Inklusionsamt Oberbayern und hatte als internen Gegenkandidaten den Dießener Juso Marcus Noack. Der hat seine Bewerbung inzwischen zurück gezogen. Dafür hat ein SPD-Mitglied aus Gauting, Alexander Rupff, seinen Finger gehoben und sich als Gegenkandidat zu Wegge ins Spiel gebracht. Nach Auskunft der Starnberger SPD-Vorsitzenden Julia Ney können bei der Kandidatenaufstellung nur Delegierte weitere Bewerber vorschlagen, eine Eigenbewerbung ist nicht möglich. In Sorge ist Ney noch um den Termin selbst. Denn der Veranstaltungsort, die Stadthalle Germering, liegt nun mal im Landkreis Fürstenfeldbruck. Ob die SPD angesichts der hohen Corona-Infektionszahlen eine Ausnahmegenehmigung für die Nominierungsveranstaltung bekommen werde, sei ungewiss. Ney will sich deshalb noch im Landkreis Starnberg nach einem geeigneten großen Saal umsehen.

Kießling könnte es noch mit einer weiteren Bewerberin zu tun bekommen, wenn sich die Grünen im Wahlkreis Starnberg für Martina Neubauer entscheiden. Die 57-Jährige wollte in diesem Jahr Landrätin in Starnberg werden, verlor aber gegen den CSU-Bewerber Frey. Die gebürtige Starnbergerin hat Sozialpädagogik studiert und ist Mitglied im Bezirkstag Oberbayern. Streitig macht ihr die Kandidatur Heiko Theodor Braun, 57 Jahre alt und aus Gauting. Er ist Diplom-Biologe und Umweltpädagoge und bei der Industrie- und Handelskammer als betrieblicher Gesundheitsberater angestellt. Ende dieses Monats wollen sich beide Bewerber bei der ersten Präsenzveranstaltung der Grünen im Landkreis Starnberg vorstellen. Ob das angesichts steigender Corona-Fallzahlen und strengerer Auflagen klappt, ist offen.

Bewerber anderer Parteien haben sich bislang weder im Wahlkreis Fürstenfeldbruck noch in Starnberg öffentlich zu Wort gemeldet oder sind von ihren Parteien bekanntgegeben worden.

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Quelle:
SZ vom 24.10.2020
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