Süddeutsche Zeitung

Mitarbeiter in Corona-Teststationen:"Wir werden oft beleidigt und müssen alles runterschlucken"

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Nazif Albayrak ist eigentlich Hotelfachmann. Nun nimmt er beim Veranstaltungsforum Fürstenfeldbruck Corona-Proben. Die Arbeit gefällt ihm - wenn nur die genervten Besucher nicht wären.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Etwa sechs Stunden dauert eine Schicht für die Mitarbeiter im Corona-Schnelltestzentrum am Parkplatz beim Veranstaltungsforum Fürstenfeld. Das sind sechs Stunden bei herbstlichem Nieselregen oder eisiger Kälte mit Arbeit im Akkord. Am vergangenen Sonntag ließen sich etwa 1900 Menschen testen, ein neuer Rekord, statistisch seien das 1,5 bis zwei Tests pro Minute, sagt Nazif Albayrak.

Der 27-Jährige Brucker hat eine Ausbildung als Hotelfachmann und Hotelbetriebswirt hinter sich, im Frühjahr will er eine Fortbildung machen, ein Training in Food-Beverage-Management am Münchner Flughafen absolvieren. Seit Mai arbeitet Albayrak beim Testzentrum, seine Tante hat ihn auf den Job hingewiesen. Ihm gefällt es sehr.

Die Einrichtung ist von 7.30 bis 18.30 Uhr geöffnet, dazu kommen je eine halbe Stunde Vor- und Nachbereitung, macht zwölf Stunden täglich im Zwei-Schicht-Betrieb, um 13 Uhr kommt die Ablösung. Vergangene Woche waren die Tester jeweils zu viert im Einsatz, inzwischen sind sie zu siebt. Es ist ein junges Team, die meisten seien Studierende, erzählt Albayrak.

Um den Andrang zu bewältigen, hat das Schnelltestzentrum FFB die Kapazitäten inzwischen erhöht. Die Besucher können entscheiden zwischen dem Drive In am Parkplatz mit vorheriger Anmeldung, QR-Code und Übermittlung der Ergebnisse per E-Mail, während man in die Tenne auch spontan gehen kann und das Ergebnis dort auf einem Zettel notiert ausgehändigt bekommt, was länger dauert.

In der Station draußen stehen zwei kleine Gasheizungen und ein Heizpilz. Dazu gibt es heißen Tee und um die Kälte zu ertragen, achtet Albayrak darauf, dass alle zwei Stunden gewechselt wird. Ausgefrorene Kollegen tauschen ihre Arbeitsplätze im Freien mit denen in der warmen Tenne. Drinnen arbeiten zwei Mitarbeiter, draußen sind sie zu fünft: Einer führt den Rachentest aus, zwei Kollegen assistieren, der Vierte checkt vorab mit dem Scanner die QR-Codes der Wartenden im Auto und der Fünfte muss den Verkehr regeln, um Chaos zu verhindern, weil sich regelmäßig lange Schlangen bilden.

"Viele sind sehr unfreundlich"

"Wir geben alles, werden jeden Tag besser und fokussierter und keiner lässt den anderen im Stich", schwärmt Albayrak. Nach Feierabend treffen sich die Kollegen noch kurz, trinken Putsch und Glühwein, ratschen und tauschen sich aus. Das ist gut für das Teambuilding, aber noch wichtiger ist es, das Erlebte zu verarbeiten.

Denn als Hauptproblem beschreibt Albayrak nicht die Kälte oder den Andrang, sondern dass sie von manchen Besuchern angepöbelt werden. "Ganz schlimm ist das gerade", erzählt der junge Mann. "Viele sind sehr unfreundlich, wir werden oft beleidigt und müssen alles runterschlucken." Genervt seien Leute, die sich nicht angemeldet und keinen QR-Code hätten und deshalb nach einiger Wartezeit in die Tenne geschickt werden müssten. Viele seien ganz grundsätzlich schlechter Laune, verunsichert und genervt durch die Gesamtlage der Corona-Krise.

"Das kriegen wir dann alles ab, dabei tun wir doch etwas für die Gesellschaft", sagt Albayrak. Er wünscht sich von den Besuchern etwas mehr Wertschätzung für das Engagement.

Nun steht auch die Marthabräuhalle an der Augsburger Straße, gegenüber dem Volksfestplatz, als Schnellteststation zur Verfügung. Betrieben wird sie, ebenso wie der Drive-in auf dem Fürstenfelder Parkplatz und die Station für Radfahrer und Fußgänger im Klostergelände, vom Schnelltestzentrum FFB . Benutzt werden kann der selbe Anmeldecode wie im Testzentrum am Kloster. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von sieben bis zwölf und von 15 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag von neun bis 14 und von 15 bis 20 Uhr. Die Bürgertests sind aktuell kostenlos, Ergebnisse liegen innerhalb von 15 Minuten vor. Weitere Informationen unter www.schnelltestzentrum-ffb.de

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Quelle:
SZ vom 04.12.2021
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