Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Anerkennung für Corona-Helfer

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Monika Graf und die Unterstützer ihrer Facebook-Gruppe sind für den Deutschen Nachbarschaftspreis nominiert. Gewürdigt werden sollen damit unkonventionelle und unbürokratische Angebote

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Als Monika Graf am Abend des 12. März die Facebook-Gruppe "Corona-Nachbarschaftshilfe Fürstenfeldbruck" ins Leben ruft, ahnt die freiberufliche Regisseurin nicht, dass die Gruppe bald aus 1600 Helfern bestehen und wenige Monate später für den deutschen Nachbarschaftspreis nominiert wird. Die Stiftung nebenan.de verleiht den Preis seit 2017, um Projekte und Initiativen auszuzeichnen, die sich für ihr lokales Umfeld einsetzen, das Miteinander stärken und zur Nachahmung animieren.

An jenem Märzabend wurde gerade die Schließung aller Schulen und Kindertagesstätten in Bayern bekannt gegeben. In den folgenden Wochen und Monaten erlebten alle einen Ausnahmezustand mit Kindern ohne Betreuung, Homeoffice, Kurzarbeit oder gar keiner Arbeit und Kontaktbeschränkungen - vor allem Risikopersonen sollten diese strikt einhalten. Grafs Idee, als sie die Corona-Gruppe gründet: Sie soll alle Herausforderungen, die im Zusammenhang mit der Pandemie entstehen, abmildern und "schnell, unkonventionell und unbürokratisch helfen", wie es auf der Internetseite www.nachbarschaftspreis.de heißt.

"Das ist natürlich alles völlig verrückt, wenn man bedenkt, wie das alles angefangen hat und welche Dynamik das Ganze angenommen hat", sagt Graf. Die 43-Jährige betont, dass es die Corona-Nachbarschaftshilfe ohne die vielen Helfer nicht geben würde. Als sie die Facebook-Gruppe gründete, hatte sie mit einem kleinen, überschaubaren Grüppchen gerechnet. Doch als sich über Nacht 350 Helfer angemeldet hatten, war bereits abzusehen, dass die Resonanz deutlich größer ausfallen würde. Rasch richtet sie eine Telefonhotline ein und koordiniert die Einsätze. Die Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck wird aufmerksam und unterstützt die Gruppe.

"Nach nicht einmal 14 Tagen hatten wir 1600 Helfer, und die sind geblieben", unterstreicht die Gruppen-Gründerin. Denn auch wenn die Schulen und Kitas wieder geöffnet sind und es punktuell so etwas wie Normalität gibt: Die Pandemie dauert weiter an und es gibt noch genug Hilfebedürftige, etwa Senioren und Risikopersonen.

Unkonventionell und unbürokratisch ist es tatsächlich, was die vielen Helfer auf die Beine gestellt haben: Von der Einkaufshilfe über einen Hunde-Gassi-Service, Shuttle- und Kurierfahrten, Nähaktionen, Kinderbetreuung bis hin zum Druckservice für Schulunterlagen. Es wurden Video-Telefonie-Portale für die Bewohner von Seniorenheimen eingerichtet, 280 Stunden mit einsamen Senioren telefoniert, 1690 Einkäufe und Besorgungen erledigt, 1533 waschbare Baumwollkittel sowie unzählige Masken für Pflegeheime und -dienste genäht; 60 Näherinnen verarbeiteten 1,8 Tonnen Stoffspenden.

In drei Monaten wurden bei mehr als 2000 Hilfsaktionen gut 6500 Arbeitsstunden geleistet. "Unser Angebot hat sich offensichtlich in Windeseile herumgesprochen. So wurden wir bereits kurz nach unserer Gründung nicht nur von Privatpersonen, sondern auch von Krankenhäusern, Pflegeheimen sowie sozialen und staatlichen Einrichtungen um Hilfe gebeten", sagt die Fürstenfeldbruckerin. Für die Mitarbeiter der Kreisklinik, und sehr schnell auch für andere systemrelevante Berufsgruppen organisierten die Helfer innerhalb kürzester Zeit eine Kinderbetreuung. 485 Stunden wurden Kinder betreut.

Professionell geht die Gruppe auch die aktuelle Nominierung an. Einige der Helfer sind nun im Zuge der Öffentlichkeitsarbeit für den Deutschen Nachbarschaftspreis zuständig. Ziel ist es, möglichst viele Stimmen bei der Online-Abstimmung zu erhalten. Damit alle weiter so erfolgreich helfen können.

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Quelle:
SZ vom 22.09.2020
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