Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Kein Beistand für Lützerath

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Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises bekennen sich auf Nachfrage mehrerer Jugendräte zwar zum vorgezogenen Kohleausstieg, lehnen aber ein Moratorium für das Dorf ab.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die drei Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Fürstenfeldbruck/Dachau bekennen sich zum baldigen Ende der Kohleära, schließen sich aber nicht der Forderung an, den Abriss des Dorfs Lützerath und den dortigen Tagebau auszusetzen. Das geht aus Antwortschreiben von Katrin Staffler (CSU), Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) und Michael Schrodi (SPD) hervor. Der Stadtjugendrat Fürstenfeldbruck hatte die Politiker in einem offenen Brief um eine Stellungnahme gebeten.

Benedikt Bucher, Vize des Stadtjugendrats, plädierte in dem von den Jugendräten Althegnenberg, Dachau, Eichenau, Grafrath, Gröbenzell, Mammendorf, Odelzhausen und Puchheim unterzeichneten Brief dafür, "sich mit aller Vehemenz für einen Aufschub und eine unabhängige Evaluation" einzusetzen, bis alle Fragen geklärt seien. Die zentrale Frage ist, ob die Kohle unter dem Dorf in Nordrhein-Westfalen für die Versorgungssicherheit wichtig ist.

Besonders kontrovers wird darüber unter Grünen-Anhängern diskutiert. Das weiß auch Beate Walter-Rosenheimer, die mit Blick auf Klimawandel und Umstieg auf Erneuerbare ihren Lieblingsslogan von 1988 zitiert: "Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt." In der Regierung müsse man aber auch "manchmal schwer auszuhaltende" Kompromisse schließen - zumal angesichts der Folgen des Ukrainekriegs.

Walter-Rosenheimer verweist auf Gerichtsurteile zu Lützerath, aber auch auf den Kohleausstieg in Westdeutschland bis 2030 und die Rettung von fünf anderen Dörfern. Die Jugendlichen ermuntert sie, trotz der Entscheidungen "dran zu bleiben".

Katrin Staffler schreibt, sie "schätze es sehr, dass ihr euch für die Jugend vor Ort engagiert und euch auch politisch Gehör verschafft". Den von der Ampel beschlossenen Kohleausstieg trage die Union mit. Die Räumung von Lützerath sei Teil eines Kompromisses, den die Ampel-Regierung mit RWE geschlossen habe. "Zu einer verantwortungsvollen Energiepolitik gehört aber nicht nur ein möglichst früher Kohleausstieg, sondern auch ein vernünftiger Plan, damit die Energieversorgung weiter gesichert ist und der Hochlauf bei den Erneuerbaren Energien beschleunigt wird."

Den Ausbau von Photovoltaik, Windenergie, Wasserkraft, Geothermie und Bioenergie gelte es voranzutreiben, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Die CSU-Politikerin setzt bei der Bewältigung der Energiekrise vor allem auf eine wissenschaftsbasierte Technologiestrategie. Lützerath aber habe aus ihrer Sicht "gezeigt, wie es zukünftig nicht mehr ablaufen darf".

Ziemlich deutlich wird Michel Schrodi mit Blick auf Lützerath. Sein Brief endet mit klaren Worten: "Die bei Klimaprotesten begangenen Straftaten müssen geahndet werden. Klimaproteste aber grundsätzlich unter Generalverdacht zu stellen und Protestierende ohne richterlichen Beschluss tagelang in Gewahrsam zu nehmen, entspricht nicht meinem Verständnis einer kritischen und freien Demokratie."

Protest müsse in einem Rechtsstaat ausgehalten werden. Den Abbau in Lützerath zu stoppen, dieser Forderung schließt sich Schrodi aber nicht an. Die Bewirtschaftung des Tagebaus Garzweiler II basiere auf geltendem Recht. Die Handlungsmöglichkeiten von Bundestagsabgeordneten seien begrenzt. Als Erfolg wertet auch Schrodi die Bewahrung der Dörfer und Weiler nahe Lützerath vor Enteignung und Zerstörung.

Lützerath selbst habe nicht zur Abstimmung gestanden. Ob es gelinge, die Pariser Klimaziele einzuhalten, hänge nicht von Lützerath ab, sondern auch von massiven Investitionen in neue Infrastruktur. Kein Bundesland sei abhängiger von Gas und Atomstrom als Bayern. "Markus Söder und die CSU stehen trotzdem weiterhin auf der Bremse."

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