Süddeutsche Zeitung

Freizeit:Hohe Konzentration im hohen Alter

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Der Bridge-Club Olching wird 20 Jahre alt. Die Hälfte der überwiegend weiblichen Mitglieder ist zwar über 80 Jahre alt, sie treffen sich aber regelmäßig zum anspruchsvollen Kartenspiel.

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Regina Nöhmeier weiß um das negative Image von Bridge. Bei diesem Kartenspiel habe man immer ältere Frauen in England vor Augen. Wobei das Alter relativ sei. "Die Hälfte ist auch bei uns über 80", sagt Nöhmeier. Sie selbst ist 79 Jahre alt und seit Gründung des Olchinger Bridge-Clubs dessen Präsidentin. In der Olchinger Braumanufaktur im Gut Graßlfing begeht der Klub sein 20-jähriges Bestehen. Zum kleinen Jubiläum haben sich die Mitglieder zu einem Sektempfang und anschließendem Mittagessen versammelt. "Wir halten durch, wir ältere Damen", gibt Nöhmeier das Motto für weitere Bridge-Jahre aus.

Das nimmt jeder der quirlig-vitalen Präsidentin und ihren Mitstreiterinnen ab. Nöhmeier stammt aus Detmold in Ostwestfalen. Sie lernte Bridge mit 40 Jahren bei einem Kurs an der Volkshochschule in Olching. Ihre Mutter hatte ihr dazu geraten, um im Alter gegen Einsamkeit gewappnet zu sein. 32 Mitglieder hat der Olchinger Bridge-Club. Drei Männer sind auch dabei, manche sagen Quotenmänner. In Hochzeiten waren es schon mal 71 und zwölf Männer. "Männer spielen eher Skat und Schafkopf", sagt Annegret Höffer, ebenfalls Gründungsmitglied des Clubs. Ziemlich kurios ist jedoch die Tatsache, dass in der Bridge-Bundesliga - die gibt es auch - vor allem Männer mitspielen. Wie das geht, können sich die Olchinger Bridge-Damen auch nicht so recht erklären. Nur unter Frauen zu spielen, passt ihn aber auch gut. "Mit Frauen untereinander ist das sehr harmonisch", bestätigen Höffer und auch Carola Meier, ihre jahrzehntelange Spielpartnerin.

Bridge wird an wechselnden Vierertischen gespielt, zwei Partnerinnen spielen immer zusammen. Am Ende sollen alle Paare gegeneinander gespielt haben. Bei acht oder mehr Runden mit kleinen Zählpausen sind die Spielerinnen gut drei Stunden hoch konzentriert mit Bridge beschäftigt.

"Wir haben eine starke Tendenz zum sozialen Miteinander", sagt Nöhmeier. Bei Krankheit der Mitspieler gibt es Post vom Klub oder einen Blumenstrauß. "Wir kümmern uns umeinander." Es kommt natürlich vor, dass Mitglieder sterben. In den 20 Jahren ist das elfmal passiert. "Das ist eben so", will die Präsidentin gar nicht jammern. In ihrer Festansprache macht sie allen Mut: "Ihr seid nicht nur da oben topfit." Neun Frauen sind seit 2004 noch dabei. Natürlich hätten sie gerne Nachwuchs in ihren Reihen oder mehr Mitglieder, sagen wir mal um die 60. "Es kommt nichts Junges nach", bedauert Höffer, 77, die seit etwa 30 Jahren mitspielt, aber zuletzt gesundheitlich passen musste. Höffer ist sich sicher: "Wenn jemand mit 40 kommt und sieht, dass niemand unter 70 Jahre alt ist, das schreckt ab." Carola Meier, 79, die Stellvertreterin Nöhmeiers, hatte einst Bridgekurse an der VHS in Olching gegeben. "Zu spät solle man Bridge nicht lernen", sagt Meier. Sie meint wohl, dass das Gehirn für dieses anspruchsvolle Kartenspiel noch volle Kapazität haben sollte.

Neuzugänge sind nicht in Sicht

Meier, Nöhmeier und andere spielen nicht nur in Olching Bridge. Sie sind gleich an drei Tagen oder Abenden in der Woche mit Bridge beschäftigt. Montags werden in Eichenau, dienstags in Gröbenzell und donnerstags in Olching im "Haus der Begegnung" die Karten gemischt - jeweils am ersten und dritten Donnerstag im Monat ab 19 Uhr. "Wir würden uns über Neuzugänge natürlich freuen", so Nöhmeier. Das Spielgeld pro Abend beträgt drei Euro pro Person. Da kommt dann doch einiges zusammen, so dass der Olchinger Bridge-Club immer wieder Spenden für soziale und wohltätige Zwecke bereitstellt. An diesem Festtag wurde der Sozialdienst Olching mit 1000 Euro bedacht, was den anwesenden Olchinger Bürgermeister Andreas Magg (SPD) natürlich freute und in seinem Grußwort würdigte. "Ich werde Bridge umgehend lernen", bekannte der Schafkopfspieler. Dafür gab es Beifall der Versammlung, würde doch der Rathauschef den Altersschnitt des Klubs rapide senken.

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