Süddeutsche Zeitung

Breitbanderschließung:Internet wird nicht schneller

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Das Angebot der Telekom für den Ausbau schlecht versorgter Gebiete hält der Stadtrat Olching für überteuert

Von Katharina Knaut, Olching

"Was sollen wir als Bürger noch machen?" Diese Frage hat Alfred Burkhart dem Olchinger Stadtrat gestellt und auf die zu geringen Datenmengen und das langsame Internet hingewiesen. Burkhart steht mit 25 Megabit Leistung noch vergleichsweise gut da, "andere haben vielleicht ein oder zwei Mbit." Mit dem Problem sind die Graßlfinger nicht allein. Auch bei anderen Olchingern liegt die Versorgung unter dem, was für den täglichen Bedarf erforderlich wäre. Betroffen sind vor allem Gebiete im Osten der Stadt entlang der Autobahn im Graßflinger Moos sowie Teile im Süden und Westen beim Wolfgangshof und in Esting.

Die Stadt wollte gegensteuern und die Randbereiche im Rahmen eines staatlichen Förderprogramms anschließen. Nur die Telekom zeigte sich interessiert, verlangte aber im Angebot fast das Dreifache bei einer Ausbauzeit von vier Jahren. Gespräche zur Nachverhandlung sagte der Netzbetreiber mehrmals ab. Zwar fasste der Olchinger Stadtrat vorerst keinen endgültigen Beschluss über das Angebot, aber man werde prüfen, ob man doch noch Bewegung in die Sache bringen könne, meinte Bürgermeister Andreas Magg. Für die Bewohner der betroffenen Gebiete bedeutet das nun erst einmal: weiter warten.

Begonnen hat die Geschichte 2014. Damals wurde ein Großteil des Stadtgebiets durch einen Breitbandausbau der Telekom mit leistungsfähigen Anschlüssen versorgt. Einige Randbezirke, darunter auch das Graßlfinger Moos, waren nicht dabei. Das Problem: Ein Ausbau in weniger dicht besiedelte Gebiete lohnt sich für Netzbetreiber nicht, da mit der selben Leitung viel weniger Menschen versorgt werden, erklärte Sonja Weyland, Leiterin der Wirtschaftsförderung. Mit einem Förderprogramm wollte die Regierung diese Differenz ausgleichen. 2016 bewarb sich Olching für dieses Programm, 2017 gab der Freistaat grünes Licht. Insgesamt ging es um 105 Anschlüsse, 85 davon im Graßlfinger Moos entlang der Autobahn, sowie 20 im Süden und Westen Olchings. Ausgeschrieben wurde 2018, die Angebote kamen im August. Für Burkhart ein Grund zur Hoffnung: "Nach jahrelangem Warten dachte ich: Super, jetzt wird angefangen zu bauen." Veranschlagt wurden Kosten von 650 000 Euro, 520 000 Euro sollten aus der staatlichen Förderung kommen, 130 000 Euro wollte der Stadtrat als Eigenanteil beisteuern. Der einzige Bieter war die Telekom mit einer Angebotssumme von 1,7 Millionen Euro. Das Verhalten löste im Stadtrat allgemeines Kopfschütteln aus. "Es ist zumindest unklar", formulierte es Magg im Hauptausschuss. Alois Waltl (FWO) wurde da schon deutlicher: "Ein Unding", kritisiert er. Auch Burkhart ist angesichts dieser Praxis fassungslos: "Für mich klingt das einfach furchtbar arrogant und hochnäsig."

Der Hauptausschuss hatte zunächst einstimmig dafür votiert, das Angebot abzulehnen und das Verfahren zu beenden. Außerdem sollte geprüft werden, ob die Stadt sich für das nächste Förderprogramm bewirbt. Burkhart wollte das nicht akzeptieren: "Jetzt hat man die Fördergelder, und dann nimmt man sie nicht her!" Bei der Stadtratssitzung bat er darum, das Verfahren nicht vorzeitig zu beenden, sondern bis zur Auslauffrist im Sommer weitere Optionen auszuloten. Der Stadtrat entsprach der Bitte und fasste keinen Beschluss. Hoffnungen, dass weitere Verhandlungsversuche mit der Telekom zu einem Ergebnis kommen, gab es kaum. "Ich weiß nicht, ob das was bringt", meinte Maximilian Gigl, Vorsitzender der Olchinger CSU. Auch Magg äußert Zweifel. "Aber das Spiel ist erst verloren, wenn es abgepfiffen ist. Vielleicht findet sich ja eine Möglichkeit."

Der Stadtrat beriet weitere Möglichkeiten. Ewald Zachmann, Fraktionsvorsitzender der FWO, brachte ein alternatives Geschäftsmodell ins Spiel. Dabei unterstützten Netzanbieter bürgerliche Eigeninitiativen, die von Menschen auf dem Land gegründet werden. Die Privatleute graben dabei eigenhändig auf und verlegen Glasfaserkabel selbst. Das sei eine Möglichkeit, sagte Magg. Allerdings werde diese Alternative nicht gefördert. Zudem müsse die Telekom auch an einer Stelle an das bestehende Netz anschließen lassen. Burkhart hielt davon nichts. "Das muss koordiniert und organisiert werden. Das ist nicht so einfach."

Insgesamt, versicherte Magg, werde das Internetproblem nicht vergessen. "Es ist auch nicht so, dass es nie wieder eine Chance geben wird." Als Beispiel nannte er den technischen Fortschritt, die Nähe zu München und der Autobahn. "Es ist nur aktuell die einzige Möglichkeit."

Überzeugt war Burkhart davon nicht. Seiner Meinung nach wiegelt Magg das Thema zu schnell ab. "Nach dem Motto: Hat nichts gebracht, ist halt so." Er würde sich wünschen, dass der Bürgermeister es trotz der geringen Chancen noch einmal versucht, beispielsweise mit einem Brief an die Telekom. Aber er sei froh, dass der Stadtrat nicht die Rückgabe der Gelder beschlossen habe, erklärte er. "Denn wenn das Geld erst mal zurückgegeben wurde, haben wir gar keine Chance mehr."

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SZ vom 16.05.2019
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