Süddeutsche Zeitung

Artenvielfalt in Puchheim:Ein Reich für Brummer

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Sandflächen und morsches Holz dienen Wildbienen als Nistplätze. In Puchheim entsteht ein Garten, der den schönen und nützlichen Insekten neben einem Zuhause auch Nahrung bietet

Von Ingrid Hügenell, Puchheim

Wildbienen sind nicht, wie manche vermuten, verwilderte Honigbienen. Es handelt sich vielmehr um ganz andere Arten als die, die der Mensch als Haustier hält. Viele sind kleiner als die Honigbiene, manche erinnern an kleine Fliegen oder fliegende Ameisen. Andere sind große, schwarze Brummer - die blaue Holzbiene wird fast drei Zentimeter lang. Auch Hummeln zählen zu den Wildbienen. In Deutschland gibt es knapp 570 Wildbienenarten. Einige kann man im eigenen Garten beobachten, wenn man ihnen geeignete Lebensumstände bietet.

Mehr als die Hälfte der Wildbienenarten ist in ihrem Bestand bedroht - meist, weil ihnen Nahrungspflanzen und auch Nistmöglichkeiten fehlen. Um ihnen zu helfen, legt die Stadt Puchheim einen Wildbienengarten an. Unterstützt von Mitgliedern der Bund-Naturschutz-Ortsgruppe und weiteren ehrenamtlichen Helfern entsteht er an der alten Bahnhofstraße, Ecke Mühlstetterweg. "Eingesäte Blühflächen mit einer großen Pflanzenvielfalt, Staudenbeete, eine Kräuterspirale, ein Sandarium, Totholz und eine Wildbienen-Nisthilfe bieten Nahrung und Nistmöglichkeiten", erklärt Monika Dufner, Umweltreferentin der Stadt.

Honigbienen sind bei der Nahrungsaufnahme nicht wählerisch, sie fliegen praktisch jede Blüte an, die Nektar und Pollen hat. Viele Wildbienen hingegen ernähren sich nur von einigen wenigen heimischen Pflanzenarten, wie manche Sandbienen, die sich auf Weiden spezialisiert haben. Andere fliegen ausschließlich Glockenblumen an. Fehlen ihre Nahrungspflanzen, verschwinden sie. Deshalb ist eine große Vielfalt heimischer, blühender Gewächse für Wildbienen wichtig.

Die meisten Wildbienen sind Solitärbienen, sie leben also nicht in Staaten, sondern allein. Die Weibchen legen einzelne, kleine Nester an, in denen sie ihre Eier auf einem Nahrungsvorrat ablegen. Manche nützen Schneckenhäuser als Brutplatz, andere tapezieren ihre Nester mit ausgeschnittenen Teilen von Blättern oder Blütenblättern. Viele legen ihre Eier in markhaltige Stängel etwa von Brombeeren. Diese Arten ziehen gerne in Nisthilfen ein. Drei Viertel aller Arten aber nisten im Boden, darunter viele Hummelarten. Andere, wie die Holzbienen, brauchen morsches Holz. Asthaufen nutzen den Wildbienen dabei wenig, erklärt Dufner. Es müssen schon dickere Stämme oder Stammteile sein, die in der vollen Sonne stehen oder liegen. Arten wie Goldene Steinbienen, Garten-Blattschneiderbienen und einige andere nehmen diese Nistmöglichkeiten gerne an.

Bienen, die im Boden nisten, leiden stark unter zunehmender Flächenversiegelung. Ihnen kann man mit einem Sandarium helfen. "Der Nistplatz sollte immer langfristig angelegt und möglichst nicht umgegraben werden", erklärt Dufner. Er sollte trocken und von der Sonne beschienen sein und braucht eine gewisse Größe, etwa einen Quadratmeter. Natürlich darf er nicht zuwachsen. Sand wird gerne besiedelt, es gibt aber auch Arten, die in verdichteten Lehmböden nisten. Die Bienenweibchen graben Gänge in den Boden, die oft verzweigt sind. Auf einen Futterbrei aus Pollen und Nektar legen sie ihre Eier, die sich dann ein Jahr lang zur fertigen Biene entwickeln. "Der Wildbienengarten soll natürlich auch zum Nachahmen anregen", sagt Dufner. Auch im eigenen Garten helfe die Auswahl der richtigen Pflanzen, den Artenschwund zu bremsen. "Selbst mit einem bienenfreundlich angelegten Balkon kann man etwas für diese wichtigen Insekten tun."

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SZ vom 11.07.2020
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