Süddeutsche Zeitung

Ammersee und Ampermoos:Natürliche Puffer

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Der See und das Moos funktionieren wie Speicher. Sie verhindern, dass die Amper nach starken Regenfällen rasch anschwillt und überläuft.

Von Erich C. Setzwein

Wer durch die Wiesen zwischen dem Kloster Ettal und dem Königsschloss Linderhof spaziert und viele kleine Quellen durchs Gras zusammenfließen sieht, denkt bei diesem Anblick kaum an die zerstörerische Kraft der Amper in diesen Tagen. Doch aus der sogenannten Kleinen Ammer wird bei Oberammergau die "Große", die sich verbreitert und etliche Flusskilometer weiter als Hauptzufluss den mehr als 80 Meter tiefen Ammersee speist. "Wir haben dort ein natürliches System aus Zu- und Ablauf", sagt Roland Kriegsch vom Wasserwirtschaftsamt Weilheim.

Er hat in diesen Tagen ganz andere Sorgen als die zwar zunächst stark angeschwollene, jetzt aber wieder ruhigere Ammer. Kriegsch kümmert sich vor allem um die neuralgischen Punkte an Loisach und Isar sowie den Sylvensteinspeicher. Im Gegensatz zu diesem künstlichen See bei Lenggries, der kontrolliert entleert werden kann, ist der 1750 Millionen Kubikmeter fassende Ammersee ein natürlicher Speicher, auf den Menschen nicht einwirken können.

Rein rechnerisch dauert es 2,7 Jahre, bis sich das Ammerseewasser einmal erneuert hat, doch zu Hochwasserzeiten erscheint es den Betroffenen, als ob die Wassermassen aus den Alpen einfach durchrauschen bis sie nach gut 16 Kilometer nördlich des Zuflusses dann bei Stegen (Landkreis Starnberg) als Amper zunächst das Ampermoos bei Grafrath fluten. "Der Pegel bei Stegen hat am Dienstag wohl seinen Scheitel erreicht", beurteilt Kriegsch die Lage. Er rechnet nun mit fallenden Wasserständen und einer Normalisierung der Lage am Ammersee.

Gerade in diesen Tagen, wenn die Amper in ihrem Bett keinen Platz mehr hat, kommt es zu einer, von Wasserwirtschaftlern wie auch Biologen gern gesehenen Überschwemmung. Gern gesehen deshalb, weil sich die Rückzugsflächen im Moos als weiterer Puffer auswirken und zu einer länger anhaltenden Vernässung führen. Um in normalen Zeiten den Grundwasserstand ausreichend hoch zu halten, soll eine Sohlschwelle in Grafrath einen geregelten Rückstau erzeugen.

Bis die Amper nach einer Länge von 186 Kilometern vom Quellort bei Oberammergau in der Nähe von Moosburg in die Isar fließt, die wiederum bei Plattling in die Donau mündet, wird sie im Landkreis Fürstenfeldbruck noch von der Maisach gespeist und weiter unterhalb von der Glonn sowie der Würm, die aus dem Starnberger See ausfließt. Entsprechend gut gefüllt hat sie deshalb in Freising starke Überschwemmungen verursacht.

An die Pegelstände des Jahrhunderthochwassers von 1999 aber reichten die Höchststände dieser Tage nicht heran. Das zeigt die Hochwassernachrichtenzentrale auf ihrer Internetseite www.hnd.bayern.de mit neuen wie historischen Daten. Das, was dort in Echtzeit zu sehen ist, "ist nun meist wieder grün, also unter der Meldestufe", so Kriegsch

Allerdings gibt es noch einen Unsicherheitsfaktor, und Experten wie Roland Kriegsch freuen sich derzeit eher über die kühle Temperatur als über eine Hitzewelle. Denn die Niederschläge der vergangenen Wochen sind in den höheren Lagen als Schnee niedergegangen, "sie sind ein guter Puffer", wie Kriegsch sagt. Eine langsame Erwärmung lasse den Schnee auch langsamer schmelzen, die insgesamt doch erheblichen Wassermassen kämen damit langsamer ins Tal und in die Flüsse. Eine Prognose, wie es wäre, wenn es auf einen Schlag und für mehrere Tage über 30 Grad warm wäre, will Kriegsch dennoch nicht abgeben. "Unsere Berechnungen sind gerade einmal für drei Tage."

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SZ vom 05.06.2013
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