Süddeutsche Zeitung

Zurück in der Bundesliga:Ungleiche Waffen

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Wenn zum Saisonstart am Samstag der SV Wacker Burghausen nach Hallbergmoos kommt, bekommen die Zuschauer Weltklasse-Ringer zu sehen - und der SV Siegfried will sich "so gut wie möglich verkaufen"

Von Alexander Kappen, Hallbergmoos

Mitte Dezember 2016, die Ringer des SV Siegfried Hallbergmoos empfangen den SV Wacker Burghausen am letzten Kampftag der 2. Bundesliga Süd zum entscheidenden Duell um die Meisterschaft. Der SVS verliert nach einer intensiven Begegnung knapp mit 12:15, kann trotz aller Enttäuschung aber für sich reklamieren, mit dem neuen Titelträger auf Augenhöhe agiert zu haben.

An diesem Samstag um 19.30 Uhr kommt es zum Auftakt der neuen Saison in der Hallbergmooser Hallberghalle erneut zu genau diesem Duell. Von einer wirklichen Revanche kann allerdings nicht die Rede sein. So groß die Vorfreude beim SV Siegfried sein mag, die Voraussetzungen sind diesmal komplett andere. Das liegt nicht nur daran, dass durch die Zusammenlegung von erster und zweiter Bundesliga nun beide Teams in der höchsten deutschen Klasse ringen. Es ist vielmehr so, dass die in der Vorsaison annähernd gleich starken Kontrahenten mittlerweile mit ungleichen Waffen kämpfen.

"Burghausen ist ganz klar die Nummer eins in der Gruppe und Favorit auf den Liga-Titel", sagt Michael Prill, Vorsitzender des SVS. Der Werksklub habe seine Mannschaft massiv verstärkt. "Dadurch, dass die Fußballer von Wacker nicht mehr so hochklassig spielen, bekommen die Ringer mehr finanzielle Mittel", weiß Prill.

Die Burghausener haben das Geld offenbar gut investiert. "Die haben Top-Leute, die Zuschauer dürfen sich am Samstag auf Ringer mit Weltklasse-Niveau freuen", sagt der Siegfried-Boss, 25, der selbst für seinen Verein auf die Matte geht. Was für die Zuschauer schön sein mag, ist für die Athleten des SVS allerdings ein zweifelhaftes Vergnügen. Von einer reellen Siegchance möchte Prill gar nicht reden: "Wir wollen uns einfach so gut wie möglich verkaufen und vielleicht den einen oder anderen Einzelsieg holen, in drei bis vier Kämpfen haben wir eine 50:50-Chance."

Doch in Hallbergmoos geht man damit gelassen um. Man weiß, was mit den eigenen finanziellen Möglichkeiten machbar ist und was nicht. Den genauen Saisonetat kann der SVS-Vorsitzende zwar nur schwer beziffern, "weil man oft nicht ganz genau sagen kann, was man da mit dazu rechnet und was nicht", aber er dürfte über den Daumen gepeilt um die 80 000 Euro betragen - und somit um einiges unter dem des SV Wacker liegen.

Doch der ist auch nicht der Gegner, an dem sich der SVS orientieren muss. In der Südost-Staffel der in drei Siebener-Gruppen unterteilten Bundesliga treffen die Hallbergmooser auch auf die bayerischen Kontrahenten SV Johannis Nürnberg und TSV Westendorf sowie auf den RV Lübtheen, die WKG Pausa/Plauen und den FC Erzgebirge Aue, mit denen sie sich auf einem Level sehen. "Abgesehen von Burghausen kann jeder jeden schlagen", sagt Prill, der daher den für den angestrebten Einzug ins Meisterschafts-Achtelfinale nötigen fünften Vorrundenplatz als "anspruchsvolles, aber realistisches Ziel" bezeichnet. Möglich sei alles. Denn abgesehen davon, dass sich fünf hochkarätige und finanziell potente Vereine vom Verband losgelöst und eine eigene Liga organisiert haben, sei das Niveau auch so nicht mehr "so krass, wie sich das anhört, wenn man ,Bundesliga' hört." Die Teams in der Hallbergmooser Gruppe waren in der Vorsaison allesamt noch zweitklassig.

Vieles deutet auf eine ausgeglichene Runde hin, für die der SVS seinen Kader auf den Ausländerpositionen ein wenig umgekrempelt hat. Während man weiter auf die bewährten Eigengewächse und Ringer aus der Region wie René Winter und Andreas Walter setzt, wurden die in der Vorsaison engagierten Legionäre ausgetauscht. Der litauische Publikumsliebling Laimutis Adomaitis hat seine Karriere beendet. Andere, wie sein Landsmann Edgaras Venckaitis, galten als unzuverlässig und wurden aussortiert.

Neu im Team sind die beiden Litauer Justas Petravicius (61/66 Kilogramm) und Vilius Laurinaitis (98/130), Florian Lederer (98) sowie die zwei Schweden Hussam Omar (66/71) und Alex Kessidis (80/86). Kessidis, U-23-Europameister und laut Prill ein "richtiger Kracher", kämpfte bereits in der Jugend des SVS und kehrte ebenso zurück wie der Türke Ahmet Bilici (98). Alles in allem also ein Team, mit dem sich die Zuschauer - erwartet werden im Schnitt rund 350 - bestimmt gut identifizieren können.

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Quelle:
SZ vom 02.09.2017
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