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Tipps vom Experten:Erste Hilfe, wie geht das noch mal?

Lesezeit: 2 min

Wer Erste Hilfe leisten muss, der kann im Prinzip nichts falsch machen. Hubert Böck, Rettungsdienstleiter des Bayerischen Roten Kreuzes in Freising, rät aber, den Kurs alle drei Jahre zu wiederholen.

Interview von Eva Zimmerhof, Freising

Wie gelähmt kann man sich fühlen, wenn sich plötzlich ein Unfall vor den eigenen Augen abspielt: Im Sichtfeld nur noch die Unfallstelle, das Drumherum scheint sich aufzulösen. Dem Verletzten helfen - aber wie? Und was sollte man besser sein lassen? Hubert Böck, Rettungsdienstleiter des Bayerischen Roten Kreuzes in Freising, gibt Antworten.

Ein Verletzter und eine Menschenmenge drumherum, das passt nicht zusammen oder?

Für einen Patienten, der auf dem Boden liegt, ist es sehr unangenehm, wenn Leute um ihn herumstehen und auf ihn runtergucken. Ich habe schon erlebt, dass sich Ersthelfer von Herumstehenden anhören mussten, was sie angeblich alles falsch machen würden. Dabei habe ich festgestellt, dass die Ersthelfer oft wirklich gut sind. Natürlich machen Ersthelfer nicht immer alles richtig. Trotzdem darf man keine Angst haben! Wenn jemand verletzt ist, muss man seine Wunde versorgen, sonst verblutet er vielleicht. Wenn jemand einen Herzstillstand hat, muss man den Defibrillator anlegen. Am Marienplatz hängt zum Beispiel einer.

Und wenn man etwas falsch macht?

In Deutschland gibt es keinen Ersthelfer, der von einem Gericht verurteilt worden ist, weil er etwas falsch gemacht hat. Wenn man nichts macht, besteht eher die Gefahr, dass jemand stirbt.

Stellen wir uns vor: Jemand ist angefahren worden, in der Nähe stehen ein paar alte Damen und Kinder, zwei Autofahrerinnen halten an ebenso wie der geschockte Unfallverursacher. Wer soll jetzt die Erste Hilfe leisten?

Gut ist, wenn man die Aufgaben unter mehreren aufteilt: Einer kümmert sich um den Patienten, ein Zweiter hilft dabei, ein Dritter wählt den Notruf und ein Vierter sichert die Straße ab. Aber man kann diese Aufgaben auf jeden Fall alleine schaffen. Kinder und Jugendliche kann man gut nach der Notrufnummer fragen, die lernen sie oft schon im Kindergarten auswendig. Wenn kein Erwachsener da ist, können Kinder selbst anrufen. Es gab gerade einen Fall, wo ein Kind so Hilfe für seine Mutter geholt hat, als es ihr schlecht ging. Die wichtigsten Regeln im Umgang mit Verletzten?

Wichtigste Regel für den Ersthelfer ist der Eigenschutz. Zuerst sollte er den Unfallort im Straßenverkehr absichern, damit er nicht selbst verletzt wird. Wenn er aus seinem Auto steigt, sollte er gleich seinen Verbandskasten zum Patienten mitnehmen und die Handschuhe daraus anziehen. Dann sollte er mit dem Patienten sprechen und ihn beruhigen. Zum nächsten Schritt gehören die einfachen Versorgungsmaßnahmen und den Patienten mit Decken zu wärmen. Wenn der Patient sagt, ihm sei kalt, auch bei 30 Grad Außentemperatur.

Wann sollte man einen Erste-Hilfe-Kurs wiederholen?

Den Kurs alle drei Jahre zu wiederholen ist sinnvoll - vor allem, wenn Sie sonst nie etwas mit Erste-Hilfe-Situationen zu tun haben. Und überlegen Sie mal: Wenn Sie nicht sicher sind, was bei einem Unfall zu tun ist: Machen Sie einen Kurs.

Wenn mehr Menschen den Kurs wiederholen würden, würde das helfen ernsthafte Komplikationen zu verhindern?

Bei Unfällen habe ich die Erfahrung, dass die Leute oft gut und gerne helfen. Bei internistischen Angelegenheiten oder wenn jemand bewusstlos ist, zögern aber doch viele, weil sie Angst haben etwas falsch zu machen - etwa bei einer Herzdruckmassage. Aber die Betroffenen zögern in solchen Fällen oft selbst, wenn sie Schmerzen in der Brust haben und uns erst nach drei, vier Stunden anrufen. Man könnte da schon viel Schlimmes verhindern.

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Quelle:
SZ vom 19.07.2017
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