Süddeutsche Zeitung

Sicherheit bei Faschingszügen:Narreteien rund ums Thema TÜV

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Ein 13 Jahre altes Merkblatt der Regierung zur Verkehrssicherheit von Umzugswagen stiftet großeUnruhe bei den Faschingsgesellschaften. Die fühlen sich unnötig gegängelt, der Regierungssprecher wiegelt ab. Aber eigentlich passieren die meisten Unfälle nur, weil die Beteiligten zu tief ins Glas geschaut haben.

Alexandra Vettori

Es herrschte Konfusion um die TÜV-Pflicht für Faschingswagen. Eine Veröffentlichung der Regierung von Oberbayern hat in der Faschingsszene, wo derzeit die Vorbereitungen für die Umzüge auf Hochtouren laufen, für Aufruhr gesorgt: Danach benötigen Fahrzeuge bei Faschings- und Brauchtumsumzügen, die Personen befördern, die Bescheinigung ihrer Verkehrstauglichkeit von einem Sachverständigen. Allerdings nur, wenn "erhebliche" Auf- oder Umbauten vorgenommen wurden. Während die Faschingsvereine sinkende Teilnehmerzahlen aufgrund behördlicher Gängelei befürchten, glättet die Regierung die Wogen: Man habe nur auf ein 13 Jahre altes Merkblatt verwiesen.

Die Unsicherheit bei den Veranstaltern von Faschingszügen ist groß, die Gerüchteküche brodelt: "Nach meiner Information ist das für heuer noch mal ausgesetzt und gilt erst im nächsten Jahr", sagt Thomas Kindsmüller, Präsident der Narrhalla Mauern. Der Mauerner Faschingszug gehört zu den größten im Landkreis Freising. Auch heuer, am Faschingssonntag, werden sich ab 14 Uhr wieder an die 60 Gruppen mit zahlreichen Wagen auf den Weg machen. Für Kindsmüller ist die behördliche Verordnung unnötig. "Ein erheblicher Umbau liegt dann vor, wenn die Wagen höher als vier Meter und breiter als 2,50 Meter sind. Das trifft auf 95 Prozent der Faschingswagen sowieso nicht zu", sagt er. Kindsmüller bezweifelt auch, dass die TÜV-Bescheinigung Unfälle bei Faschingsumzügen verhindert: "Der Aufbau hatte in der Vergangenheit meist nichts mit den Unfällen zu tun, oft liegt es auch am Alkoholpegel der Teilnehmer. Da wäre dann das nächste ein Alkoholverbot. Das ist auch ein Schmarrn, weil damit muss jeder selbst umgehen können." Auch beim Faschingsverein Kammerberg hat der Hinweis, den das Landratsamt Freising auf Initiative der Regierung kürzlich veröffentlichte, keine Begeisterung ausgelöst. Durch immer neue behördliche Auflagen werde die Teilnehmerzahl an Umzügen weiter sinken, befürchtet man.

Die Regierung von Oberbayern hat inzwischen auf die Unruhe unter den Faschingszugveranstaltern reagiert und darauf verwiesen, dass es sich um keine neue Verordnung, schon gar nicht um eine der Regierung, handelt. "An der Rechtslage, die bundesweit gilt, hat sich nichts geändert", betonte Regierungssprecher Stefan Frey. Davon, dass die Regelung für dieses Jahr ausgesetzt wäre, wusste er allerdings nichts, vielmehr gelte sie ja bereits seit Jahren. Die Regierung habe lediglich jetzt auf ein Merkblatt des Bundesverkehrsministeriums vom 18. Juli 2000 verwiesen, weil aus nach geordneten Behörden immer wieder Anfragen zur Rechtssituation eingegangen seien. Das Merkblatt besagt, dass die Verkehrssicherheit von Fahrzeugen, die wesentlich verändert wurden und Personen befördern, von einem amtlich anerkannten Sachverständigen bescheinigt werden muss. Zu wesentlichen Veränderungen an den Wagen zählt es solche, die sich auf das Zuggewicht, die Bremsen, die Lenkung, die Auf- und Anbauten, auf Abmessungen, Achslasten und das Gesamtgewicht auswirken. Kontrolltrupps bei den Faschingszügen werde es nicht geben, betont Regierungssprecher Frey: "Bei der Genehmigung der Umzüge muss der Veranstalter die Auflagen anerkennen und die Teilnehmer entsprechend darauf hinweisen. Das heimische Brauchtum wird dadurch wohl nicht zum Erliegen kommen."

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Quelle:
SZ vom 18.01.2013
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