Süddeutsche Zeitung

Reisebericht:Die Neugier nicht verloren

Lesezeit: 2 min

Rentnerin Eva Dörpinghaus, früher Pressesprecherin des Landratsamts, arbeitet als Volontärin in einem nepalesischen Waisenhaus.

Von Petra Schnirch, Freising

Andere planen so etwas mit Anfang, Mitte zwanzig, nach Schule oder Studium - solange sie eben noch über genügend Zeit verfügen und bereit sind, einige Wochen lang auf den Komfort in Mitteleuropa zu verzichten. Eva Dörpinghaus hat ihre Neugierde auf fremde Länder auch im Rentenalter nicht verloren. Seit Anfang Januar arbeitet die 61-Jährige, die bis Ende September Pressesprecherin im Freisinger Landratsamt war, für zwei Monate in einem nepalesischen Waisenhaus. Der zweite Volontär dort ist 22, er hat gerade seinen Bachelor-Abschluss gemacht.

In ihrem Blog "Hin und weg" ( doeziblog.wordpress.com) berichtet Dörpinghaus regelmäßig über ihre Erfahrungen und Erlebnisse. Für sie war es "der größte Wermutstropfen" ihres Erwerbslebens, dass sie nur sechs Wochen Urlaub im Jahr hatte - und somit keine Möglichkeit, ohne Termindruck zu reisen. Seit sie im Ruhestand ist, auch das kann man per Facebook ein wenig neidisch verfolgen, ist Eva Dörpinghaus eigentlich ständig unterwegs. Nepal lernt sie nun nicht als Urlaubsland kennen, sondern in ihrer Rolle als Helferin.

Bei Temperaturen um 0 Grad bringen die Helfer warme Kleidung und Decken

Die ersten Bilder und Berichte geben bereits einen Eindruck von der bitteren Armut dort. Einen Tag nach ihrer Ankunft in Pokhara, wo sich das Waisenhaus befindet, war Dörpinghaus mit der Heimleiterin und einem kleinen Team schon wieder viele Stunden lang auf holprigen Pisten unterwegs, um warme Kleidung und Decken in den Südwesten Nepals zu bringen. Dort herrschen derzeit Temperaturen um den Gefrierpunkt, den Menschen aber fehlen Pullover, Jacken oder Socken. Die Hütten sind zugig. Das geht einem nahe. Es sei für sie eine der "Aufgaben des Tages", schreibt Eva Dörpinghaus in ihrem Blog, "nicht zu bewerten, dass die Regierung weiß, dass viele Menschen jeden Winter in große Not geraten, aber noch weit von einer Lösung des Problems entfernt sind".

Eines hat die Neufahrnerin gleich in den ersten Tagen im Waisenhaus gelernt: Einen exakten Zeit- und Dienstplan, was wann zu erledigen ist, gibt es nicht. Anfangs habe sie das etwas ratlos gemacht, gesteht sie. Die Kinder aber - vielleicht ist ihnen eine gewisse Unschlüssigkeit ihrer europäischen Betreuer zu Beginn nicht neu - übernehmen in diesem Fall auch mal das Regiment. Ein Mädchen führte Eva Dörpinghaus zu einem kleinen Garten, der zum Waisenhaus gehört, um dort die Kuh zu füttern und das kleine Gemüsefeld zu bewundern. So langsam finden sich die beiden Volontäre in ihren neuen Alltag ein. Sie machen Ausflüge mit den Kindern, basteln Angeln mit ihnen und haben auch schon eine tote, ausgestellte Anakonda bestaunt.

Mit Gummibärchen und Schokolade im Gepäck für die Kinder, ausreichend Lektüre, einem Wasserdesinfizierer und einem Gerät, das lästige Insekten im Schlafraum vertreiben soll, müsste die Neufahrnerin für ihre Zeit in Nepal gut gerüstet sein.

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Quelle:
SZ vom 11.01.2018
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