Süddeutsche Zeitung

Pflegemedaille für Heinz Rackl aus Au:Immer für die Mutter da

Lesezeit: 2 min

Der 62-jährige Heinz Rackl pflegt hingebungsvoll seine mittlerweile 100 Jahre alte Mutter. Nun erhält er die Pflegemedaille für seinen Job. Seit 2008 kann er nicht mehr einfach so aus dem Haus gehen.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Rund zwei Drittel der etwa 2500 pflegebedürftigen Menschen im Landkreis Freising werden zu Hause von ihren Angehörigen betreut. Einer davon ist Heinz Rackl aus Au, 62 Jahre alt. Seit 2008 sorgt er mit Unterstützung seiner Frau Edeltraud für seine pflegebedürftige Mutter, die mittlerweile 100 Jahre alt ist und sich nicht mehr selbst versorgen kann. Er tut das Tag für Tag, rund um die Uhr.

Wenn er ein paar Stunden aus dem Haus ist, beispielsweise um einzukaufen, muss er dafür sorgen, dass jemand bei seiner Mutter ist. Im Urlaub war er in dieser Zeit nur einmal. Für diese Leistung ist Heinz Rackl jetzt vom Ministerium für Arbeit und Soziales mit der Pflegemedaille ausgezeichnet worden, die ihm am Mittwoch bei einer kleinen Feierstunde im Landratsamt persönlich von Landrat Josef Hauner übergeben wurde.

Der Auer Bürgermeister Karl Ecker hatte auf den Fall aufmerksam gemacht. "Auf diese herausragende Leistung", so der Freisinger Landrat Josef Hauner, "die im Stillen geschieht, ohne dass ein Entgelt dafür verlangt wird." Heinz Rackl habe sich die Auszeichnung wirklich verdient.

"Ein kleines Zimmer als Wohnzimmer, da sitzen nur wir zwei"

Heinz und Edeltraud Rackl haben das Wohnzimmer in ihrem Reihenhaus für die bettlägrige Dame geräumt. Dort steht jetzt das Pflegebett - und ein Fernseher für ein bisschen Abwechslung. "Wir haben uns das vorher zusammen überlegt, der Raum ist ebenerdig und so ist es am einfachsten", berichtet Heinz Rackl. Und seine Frau fügt hinzu. "Das ist eben jetzt so, wir haben uns ein kleines Zimmer als Wohnzimmer eingerichtet, da sitzen dann nur wir zwei drin", erzählt sie.

Der 62-jährige Heinz Rackl ist mittlerweile in Rente und war vorher selbständiger Speditionsunternehmer. "Ich habe jetzt natürlich auch die Zeit für die Pflege meiner Mutter. Vorher wäre das gar nicht gegangen", erzählt er weiter. Bei medizinischen Fragen kann er sich Rat von einer Nachbarin holen, die praktischerweise ausgebildete Krankenschwester ist. Seine Frau Edeltraud, 56, ist noch berufstätig und kommt erst am späteren Abend nach Hause. Sie selbst besorgt das Waschen und Bügeln, könnte die Versorgung der 100-Jährigen aber nicht übernehmen. "Das Heben wäre zu schwer für mich", sagt sie.

Im Seniorenheim war sie zunehmend unglücklich gewesen

Die Mutter von Heinz Rackl hatte zuvor lange allein in der Oberpfalz gelebt. Als das nicht mehr ging, holte ihr Sohn sie nach Au und brachte sie zunächst im Seniorenheim Kursana unter. "Da wurde sie auch gut versorgt, da kann man sich nicht beklagen", sagt er. Er habe jedoch gemerkt, dass seine Mutter dort zunehmend unglücklich gewesen sei und sie dann zu sich geholt.

Als eine vertraute Zimmernachbarin gestorben sei, habe sie sich nicht mehr zurechtgefunden, auch weil ihr Kurzzeitgedächtnis mehr und mehr nachgelassen habe. Alles Fremde und Ungewohnte wirke sehr verstörend auf seine Mutter. Darum sei er in der ganzen Zeit seit 2008 mit seiner Frau auch erst einmal in den Urlaub gefahren, obwohl die Betreuung von der Pflegekasse gewährleistet werde. "Aber allein die Vorbereitung ist für meine Mutter sehr verunsichernd, und die Betreuung in der Kurzzeitpflege von fremden Personen eine zu große Umstellung."

Klagen hört man von Heinz Rackl und seiner Frau dennoch nicht. "Da wächst man rein", sagt seine Frau und Heinz Rackl fügt hinzu, "wir leben von Tag zu Tag, wir wissen ja nicht, was kommt". Nur eines weiß Heinz Rackl: "Wenn ich nicht mehr kann, wenn ich krank werden sollte, dann muss ich meine Mutter wieder ins Heim geben."

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SZ vom 29.05.2015
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