Süddeutsche Zeitung

Perchten zu Besuch in Freising:Wilde Gesellen im Ziegenfell

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Der Lauf der "Frisinga Fratzen" und ihrer Freunde wird am Marienplatz zu einem Riesenspektakel. Wie lange damit nun wirklich böse Geister aus der Domstadt ferngehalten werden, muss sich zeigen.

Von Johann Kirchberger, Freising

Auch wenn viel davon die Rede war, mit altem Freisinger Brauchtum haben Perchten wenig zu tun. Die sind eher im alpenländischen Raum zuhause. Trotzdem gibt es seit 2002 die "Frisinga Fratzen", die ihren Schabernack mit den Zuschauern auf Christkindlmärkten und bei Perchtenläufen in ganz Bayern, in Österreich und der Schweiz treiben. Ihre Kostüme haben sie selbst entworfen und aus Schaf- und Ziegenfellen genäht. Dazu kommen Angst einflößende Masken, glühende Augen, mal kleine, mal große Hörner, Kuhglocken und Trommeln. Gerade so, wie sich die Freisinger Gauditruppe wilde Geister schon immer vorgestellt haben mag.

Es war schon ein Riesenspektakel, das muss man neidlos anerkennen, als die "Frisinga Fratzen" am Samstagabend von der Unteren zur Oberen Hauptstraße zogen. Im Schlepptau sieben befreundete Gruppen, die als zottelige Perchten und Hexen, als Höllengeister und Deifen zum 2. Freisinger Perchtenlauf angereist waren. Sie kamen aus Landshut und Passau, aus Au, aus Sonthofen und sonst wo her. Die "Amperperchten" waren mit Fackeln angerückt, die Auer Deifen hatten sogar Feuerschlucker in ihren Reihen. 150 bis 200 wilde Gesellen waren es, die sich durch die dicht gedrängten Reihen zwängten und vor allem Kinder und Frauen erschreckten. Alles in allem war es eine Riesengaudi, in erster Linie für die Burschen und Mädchen, die sich so schön maskiert hatten.

Die meisten Zuschauer hatten sich naturgemäß auf dem Marienplatz versammelt. Schließlich legten die laut lärmenden Gestalten dort eine kleine Pause ein und wurden kurz vorgestellt. Und dort gab es auch Glühwein, Bier und Zuckerwatte, das zieht immer. Den Erlös aus dem Getränkeverkauf wollen die "Frisinga Fratzen" zum Teil an Hilfsbedürftige in der Region weitergeben. Die Akteure, die trotz ihres schrecklichen Aussehens als Glücks- und Segensbringer gelten, wurden von den Freisingern ehrfurchtsvoll bestaunt, viel Beifall gab es allerdings nicht. Das war rein technisch nicht möglich. Denn an den vielen Händen, die sich zum Himmel reckten, befanden sich Smartphones, mit denen ununterbrochen geknipst wurde. Ganz nach dem Motto: "Wie ich furchtlos dem Bösen ins Auge sah." Ihren ursprünglichen Zweck, den Winter zu vertreiben, haben die Perchten in Freising zweifellos erfüllt. Denn während es am Freitag noch stark schneite, war es am Samstag mild und regnerisch. Wie lange die Kraft der gruseligen Gestalten anhält, um Winter und böse Geister fern zu halten, wird man sehen.

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Quelle:
SZ vom 02.01.2018
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