Süddeutsche Zeitung

Nominiert für den Tassilo-Preis der SZ:Damit Teilhabe gelingt

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"Kultur-gut" vermittelt nicht nur kostenlose Eintrittskarten an Bedürftige. Die Kooperation mit der Theatergruppe "Querspiel" bietet Interessierten auch die Möglichkeit, selbst auf der Bühne zu stehen.

Von Gudrun Regelein, Freising

Die Nominierung für den Tassilo-Sonderpreis der Süddeutschen Zeitung für soziales Engagement im kulturellem Bereich kommt für Stefanie Gölz vollkommen überraschend. "Ehrlich gesagt wusste ich nicht einmal, dass es diesen Preis gibt", sagt die Vorsitzende von Kultur-gut. Aber natürlich würde sie sich sehr über die Nominierung freuen - und natürlich könne der Verein das Preisgeld gut gebrauchen, versichert sie.

1500 Eintrittskarten, die in den vergangenen drei Jahren vermittelt wurden, 18 Kulturpartner, die diese kostenlos zur Verfügung stellen, 13 Sozialpartner, über die derzeit gut 100 Kulturgäste erreicht werden. Das sind zunächst die "sehr schönen und erfreulichen" Zahlen, die eine Vorstellung davon geben, was der Verein in seinem dreijährigen Bestehen auf die Beine gestellt hat. Kultur-gut vermittelt bedürftigen Mitbürgern kostenfreie Karten für kulturelle Veranstaltungen. Menschen, die es sich sonst nicht leisten könnten, solche, die Arbeitslosengeld II beziehen, oder die nur eine geringe Rente erhalten, können Konzerte, Theateraufführungen oder Kinofilme besuchen und sehen, "sie können teilhaben", sagt Stefanie Gölz.

Auch deshalb war sie von der Idee, Klienten von Kultur-gut bei einer Theatergruppe mitspielen zu lassen, sofort begeistert. Beim Zamma, dem oberbayerischen Jugendkulturfestival, das im vergangenen Jahr in Freising stattgefunden hat und bei dem es auch um integrative Projekte ging, wurden diese mit dem Regisseur Peter Thomas verbandelt. "Querspiel", "eine gut durchgemischte Gruppe", wurde gegründet. Mit der Aufführung von "Abu Hassan, das Schlitzohr" wurde beim Zamma im vergangenen Jahr ein erster großer Erfolg gefeiert, eine Breakdance-Gruppe der Lebenshilfe trat damals im Vorprogramm auf. "Alle waren so begeistert, dass wir unbedingt weitermachen wollten", erzählt Gölz.

Wieder unter der Regie von Peter Thomas wurde in den vergangenen Monaten "Mörderstund ist ungesund", ein Kriminalstück der Freisinger Autorin Christine Steinwasser, eifrig eingeprobt und im April erstmals auf die Bühne gebracht. Wieder mit großem Erfolg. "Mit Querspiel haben unsere Gäste ein Podium. Und die Möglichkeit, Kultur zu schaffen und nicht nur zu konsumieren", sagt Gölz. Querspiel bedeute für ihre Gäste nicht nur einen "Riesen-Spaß", sondern auch Erfolgserlebnisse. "Fürs Ego ist das absolut positiv. Die sind mit Begeisterung dabei." Querspiel sei ein solcher Erfolg, dass der Verein die Gruppe im vergangenem Jahr für den Bayerischen Innovationspreis vorschlug: "Den bayerischen Förderpreis haben wir zwar nicht erhalten, aber die ministerielle Aufforderung, uns doch weiterhin so schön zu engagieren", sagt Stefanie Gölz und lacht.

Beim diesjährigen Kulturfest "Mitanand - inklusive Kultur in Freising" im Oktober will man nun gemeinsam mit Kultur-gut-Gästen und dem Verein Backhaus Brot backen, "denn Brotbacken ist das Kulturgut schlechthin." Einiges sei noch zu organisieren, aber "wir werden auch das zum Fliegen bringen", sagt Stefanie Gölz überzeugt. Ein ganz anderes "sehr schönes" Projekt, von dem gerade auch Asylbewerber profitieren, läuft bereits seit dem vergangenen Jahr: Kulturgäste können bei freiem Eintritt die Stadtbibliothek nutzen, ganz besonders Flüchtlinge, die seit 2015 als Gäste in dem Verein aufgenommen werden, seien davon sehr angetan. "Die lesen mit Begeisterung", erzählt Stefanie Gölz. Die Bibliothek bedeute für sie eine Rückzugsmöglichkeit, dort könnten sie in Ruhe lesen, nachdenken oder lernen. Etwas, was in den Wohn-Containern, wo es sehr laut sei, oft nicht möglich sei. "Wir verfolgen dieses Projekt mit viel Aufmerksamkeit und Nachhaltigkeit." Etwas für Asylbewerber zu tun, diese zu integrieren, diesen Gedanken habe sie schon länger gehabt. Vielleicht könnten sich diese ja auch bei Querspiel einbringen, sagt Stefanie Gölz. An Ideen zumindest mangelt es ihr nicht - soviel ist sicher.

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SZ vom 04.05.2016
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