Süddeutsche Zeitung

Neufahrn:Für die Freiheit der Religion

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Die Bürger freuen sich auf die Eröffnung der Moschee der Ahmadiyya Muslim Gemeinde. Die angekündigte Demonstration von Islamgegnern aus München wird für unerwünscht erklärt. Eine Gegenkundgebung gibt es nicht

Von Birgit Grundner

An der Haltung der breiten Mehrheit dürfte es keinen Zweifel geben: Die rechte Partei "Die Freiheit" ist unerwünscht in Neufahrn, wo sie am Pfingstmontag gegen die Eröffnung Moschee der Ahmadiyya Muslim Gemeinde demonstrieren will. Trotzdem wird entgegen ersten Überlegungen nun doch keine Gegenkundgebung stattfinden. Darauf haben sich Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) und die Pfarrer der beiden großen Kirchen jetzt verständigt. Man wolle die Demo mit einer solchen Aktion nicht auch noch aufwerten, so die Begründung.

Womit die Neufahrner nun von Seiten der "Freiheit" genau rechnen müssen, ist noch unklar. Von 17 Uhr an will die Partei am Pfingsmontag demonstrieren, 15 Teilnehmer sind angemeldet, und sie wollen laut Landratsamt wohl die Zufahrt zum Oskar-Maria-Graf-Gymnasium nutzen. Denn in der Aula der Schule beginnt um 18 Uhr der offizielle Festakt zur Moschee-Eröffnung. Zahlreiche Gäste werden erwartet, darunter auch Landes- und Bundestagsabgeordnete - die Aula wird sicher voll sein. Schließlich wird auch Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad da sein, das Weltoberhaupt der Ahmadiyya Muslim Gemeinde. In der Gemeinderatssitzung am Montagabend berichtete Bürgermeister Franz Heilmeier von den Demo-Plänen und machte unmissverständlich klar: Man wolle "die Freiheit der Religion in unserem Ort nicht in Misskredit bringen lassen". Das betonte der Rathauschef und Theologe ausdrücklich.

Zentrale Figur in der Partei "Die Freiheit" ist Michael Stürzenberger, der früher Sprecher der Münchner CSU unter Monika Hohlmeier war, inzwischen als Islamhasser gilt und Moslems wüst beschimpft. Nun will er offenbar in Neufahrn aktiv werden. "Wir wollen ihn nicht hier haben", betonte SPD-Ortsvorsitzende Beate Frommmhold-Buhl in der Jahreshauptversammlung der örtlichen Sozialdemokraten, und ähnliche Äußerungen sind überall zu hören.

Gleich nach Bekanntwerden von Stürzenbergers Plänen war von einer möglichen Gegenkundgebung die Rede gewesen. Davon hat man inzwischen freilich aus taktischen Gründen wieder Abstand genommen. Noch am heutigen Freitag wollen Bürgermeister Heilmeier, der katholische Pfarrer Wolfgang Lanzinger und sein evangelischer Kollege Reinhold Henninger eine gemeinsame Erklärung dazu veröffentlichen. Man wolle verdeutlichen, dass man die weltanschauliche Offenheit und die religiöse Pluralität im Ort begrüße und den Beitrag der Ahmadiyya-Moslems dazu wertschätze, erklärte Heilmeier vorab.

Bereits am gestrigen Donnerstag trafen sich Vertreter von Polizei, Gemeinde und Landratsamt zu einem Kooperationsgespräch, an dem auch Stürzenberger teilnahm und bei dem der Rahmen für die Demonstration vorgegeben wurde. In Kontakt mit der Polizei ist auch die Ahmadiyya Muslim Gemeinde - gerade mit Blick auf ihren hohen Gast aus London. Details wolle man aber natürlich nicht nennen, erklärte Sprecher Abrar Ahmad auf Anfrage. Die Glaubensgemeinschaft hat auch bei der Eröffnung anderer Moscheen in Deutschland schon Demonstrationen von Rechtspopulisten erleben müssen. "In Neufahrn hatten wir aber bisher keine Probleme", betont Abrar Ahmad.

Die Ahmadiyya Muslim Gemeinde hat hier seit Jahrzehnten ein Gebetshaus an der Massenhausener Straße. Mittlerweile ist es Treffpunkt für 200 Frauen und Männer nicht nur aus dem Ort selbst, sondern auch aus Freising, München und Umgebung. Externe Gäste sind willkommen und werden zudem zu Dialogveranstaltungen eingeladen. Kürzlich wurde eine Informationsausstellung im Rathaus gezeigt. Und am Neujahrstag beseitigen junge Leute im Ortszentrum immer die abgebrannte Raketen und sonstigen Unrat - als "Zeichen für bürgerschaftliches Engagement, Hilfsbereitschaft, Fleiß und die Liebe zur Heimat".

In den vergangenen Monaten hat die Religionsgemeinschaft ihr Gebäude aufwendig um- und ausgebaut. Außerdem wurde ein neun Meter hohes Zierminarett errichtet, das aus dem Gebetshaus eine "richtige" Moschee macht.

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Quelle:
SZ vom 06.06.2014
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