Süddeutsche Zeitung

Verkehrsberuhigung in der Innenstadt:Expertenmeinung gefragt

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Die provisorisch geänderten Vorfahrten Richtung Westerbergstraße und Bahnhofstraße sollten Autos aus dem Moosburger Zentrum raushalten. Erstere soll nun fest umgebaut werden, die andere soll sich ein Fachbüro anschauen, um eine sichere Lösung für den Radverkehr zu finden.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Seit die ehemalige Staatsstraße durch die Moosburger Innenstadt im Sommer 2020 zur Ortsstraße abgestuft worden ist, hat die Stadt selbst die Möglichkeit, dort Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung umzusetzen. Doch ganz so einfach ist nicht. So wurde im August 2021 die Straßenführung an den beiden Enden der Innenstadt geändert. Durch abknickende Vorfahrtsregelungen aus Richtung Freising von der Münchener Straße in die Westerbergstraße und aus Richtung Mauern von der Thalbacher Straße in die Bahnhofstraße sollte in einer Testphase versucht werden, möglichst viel motorisierten Verkehr aus dem Zentrum herauszuhalten. Doch vor allem an letzterer Einmündung gibt es noch Klärungsbedarf.

Der Bauausschuss des Stadtrats wollte am Montag der Einschätzung der Rathausverwaltung nicht folgen, die aus Gründen der Sicherheit für Radfahrer eine Rückkehr zur alten Vorfahrtsregel angeregt hatte. Stattdessen wurde die Verwaltung beauftragt, ein qualifiziertes Planungsbüro zu suchen, das eine Lösung für diesen neuralgischen Punkt erarbeiten soll. Um keine Zeit zu verlieren, wurde Bürgermeister Josef Dollinger (FW) per Beschluss gleich dazu ermächtigt, den Auftrag an den wirtschaftlichsten Anbieter zu vergeben. An der Einmündung Münchener Straße/Westerbergstraße, an der man in der Testphase mit kleinen Änderungen im Frühjahr 2022 ein wenig an der neuen Verkehrsführung gefeilt hatte, soll diese nach Wunsch des Bauausschusses dauerhaft beibehalten werden. Die Verwaltung erhielt den Auftrag, den Umbau zu veranlassen.

An der Ecke Thalbacher Straße/Bahnhofstraße gibt es neben dem Gefahrenpotenzial für den Radverkehr einen zweiten Knackpunkt: Die neue Verkehrsführung, die nach Änderungen ebenfalls im Frühjahr 2022, nun keinen Unfallschwerpunkt für Autofahrer mehr darstellt, hat nicht die erhoffte Entlastung für die Innenstadt gebracht. Im Juli 2021 führten laut einer Verkehrszählung aus Richtung Mauern 86 Prozent des Verkehrs über die Thalbacher Straße und 14 Prozent über die Bahnhofstraße. Im Januar 2023 waren es 64 beziehungsweise 36 Prozent. "Der überwiegende Verkehr fährt immer noch über die Thalbacher Straße, weil das von Mauern aus der kürzeste Weg ist, wenn man dann über die Leinbergerstraße weiter Richtung Degernpoint will", sagte der Bürgermeister.

Er finde es "wirklich schade, dass das nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben", sagte Ludwig Kieninger (FW), "aber ich fahre ganz ehrlich auch über die Thalbacher Straße". Er tendierte ebenso zu einem Rückbau wie Manfred Tristl (CSU) und Gerd Beubl (SPD).

Doch dann tat sich eine schwarz-grüne Allianz auf, die CSU-Stadträtin Karin Linz offenbar selbst ein wenig erstaunte. "Ich schließe mich da fast den Grünen an", kam es ihr ein wenig stockend über die Lippen, als sie den Vorschlag von Verena Kuch (Grüne) für gut befand. Die hatte angeregt, ein Fachbüro einzuschalten. Dass das Provisorium "nicht das Gelbe vom Ei ist, haben wir von Anfang an gewusst", sagte Linz, "deshalb sollten wir jemanden drüber schauen lassen, der wirklich Ahnung hat, ich sehe es nicht so, dass man das einfach zurückbauen sollte". Ein geeignetes Verkehrsbüro solle vor allem "eine sichere Lösung für Fahrradfahrende finden", meinte Kuch. Dabei könne man gerne auch beide Varianten der Verkehrsführung überprüfen.

"Wir sollten schauen, dass wir den positiven Effekt verstärken", sagt Georg Hadersdorfer

Derzeit jedenfalls sei die Kreuzung "ein Paradebeispiel dafür, wie es für Radfahrer und Fußgänger nicht ausschauen sollte", sagte Michael Stanglmaier (Grüne). Er glaube übrigens auch nicht, dass Autofahrer über Thalbacher Straße und Leinbergerstraße schneller durch die Stadt kämen, "das ist nur optisch kürzer - und eigentlich sollten sie ja über die Westtangente fahren". Auch Erwin Weber (CSU) meinte, man müsse an dem Ziel festhalten, "den Verkehr aus der Innenstadt rauszubekommen".

Bürgermeister Dollinger räumte ein, dass ein Rückgang des Verkehrs um 20 Prozent seit 2021 auf der Thalbacher Straße "auch nicht ganz so schlecht ist". Georg Hadersdorfer (CSU) bekräftigte: "Wir haben doch schon einen positiven Effekt. Dann sollten wir schauen, dass wir diesen verstärken, und nicht zurückbauen."

An der Ecke Münchener Straße/Westerbergstraße sei der positive Effekt übrigens unbestritten, sagte Dollinger. Deshalb sprach der Ausschuss sich auch einhellig für den festen Umbau aus.

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