Süddeutsche Zeitung

Ungewöhnliche Kampagne in Langenbach:Ein Dorf sucht einen Arzt

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Mit einer Charme-Offensive wirbt die Gemeinde per Internetauftritt für sich, um einen Nachfolger für die bestehende Praxis zu finden.

Von Petra Schnirch, Langenbach

Ein ganzes Dorf sucht einen Arzt. Die Gemeinde Langenbach wählt einen ungewöhnlichen Weg, um einen Nachfolger für Hubert Wilhelm Bohrer zu finden, der demnächst in Ruhestand geht. Auf einer eigenen, aufwendig gestalteten Website stellt sie sich vor und zeigt, was einen neuen Arzt, eine Ärztin hier erwartet. Unter dem Button "Ja, ich will" kann ein Interessent gleich Kontakt aufnehmen und persönliche Wünsche vorbringen.

Die Idee zu diesem Schritt hatte Bürgermeisterin Susanne Hoyer. Sie "bewirbt" sich ganz offiziell bei potenziellen Kandidaten und lädt sie zu einem persönlichen Gespräch plus Rundgang durch Langenbach ein. Der Versuch, einen Hausarzt über den üblichen Weg, eine Anzeige im Ärzteblatt, zu finden, blieb erfolglos - und das ist kein Einzelfall. Vor allem ländliche Gemeinden tun sich bei der Nachfolger-Suche schwer, wenn ein Arzt in Ruhestand geht.

Hohenkammer beispielsweise kämpft seit Jahren darum, einen Allgemeinmediziner in die Gemeinde zu holen. Verschiedene Lösungen, darunter ein mit viel Vorschusslorbeeren gestarteter Praxisverbund, führten bisher nicht zu einem langfristigen Erfolg. Mittlerweile wird auch ein neuer Zahnarzt gesucht, wie Geschäftsleiter Marco Unruh schildert, die Praxis ist seit Herbst verwaist. Ob die Besichtigungen, die bisher stattfanden, zum gewünschten Ergebnis führen werden, ist offen.

In diesem schwierigen Umfeld versuchen es die Langenbacher nun mit einer Charmeoffensive. Die gut 4000 Einwohner zählende Gemeinde sagt möglichen Interessenten größtmögliche Unterstützung zu, etwa bei der Wohnungssuche, und hebt ihre Vorzüge hervor, beispielsweise die Lage an der Bahnlinie von Landshut nach München und die Nähe zu Freising. Auch einige der künftigen Patienten können potenzielle Bewerber schon mal kennenlernen. So wirbt der ehemalige Feuerwehrkommandant Walter Schmidt mit einnehmendem Lächeln für den Standort Langenbach. "Als ehemaliger Feuerwehrkommandant weiß ich, wie wichtig Hilfe vor Ort ist", gerade für ältere Menschen, die eingeschränkt mobil sind, heißt es auf der Website. In Langenbach sei alles vorhanden, von Einkaufsmöglichkeiten bis zur Apotheke.

Auch Barbara Hofmann, seit 2019 Inhaberin der Apotheke, unterstützt die Kampagne. Sie wird auf der Homepage mit den Worten zitiert: "Wir wurden sehr freundlich und überaus positiv aufgenommen", für die medizinische und pharmazeutische Versorgung am Ort seien die Bürgerinnen und Bürger sehr dankbar. Andere schwärmen vom Zusammenhalt in der Gemeinde.

Auch auf Instagram und Facebook wollen die Langenbacher für sich werben

Der Ärztemangel ist auch für die Kassenärztliche Vereinigung ein großes Thema. Immer weniger Mediziner seien bereit, sich als Vertragsarzt, vor allem in ländlichen Gebieten, niederzulassen, heißt es auf der Homepage. Als Gründe werden unter anderem die Budgetierung und die zunehmende Bürokratisierung genannt. Auch Kampagnen wie "Lass Dich nieder" oder das Ausbildungsprogramm "Landpartie", das Studierende für den Beruf des Hausarztes begeistern soll, konnten die Situation bisher nicht wirklich verändern.

Deshalb nehmen die Langenbacher die Suche selbst in die Hand. Bei dem Internetauftritt " der-bachdoktor" soll es nicht bleiben. Auf allen möglichen Kanälen wie Facebook oder Instagram will die Gemeinde auf sich aufmerksam machen, wie Geschäftsleiter Bernhard Götz ankündigt. In Langenbach und Umgebung sei die Resonanz darauf bereits groß, obwohl die Aktion erst vor einer Woche gestartet wurde. Vielleicht lässt sich ja auch ein Mediziner überzeugen.

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