Süddeutsche Zeitung

Kranzberger  bleiben  hartnäckig:Farbe bekennen für Startbahngegner

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Gemeinde Kranzberg will den Privatkläger weiter unterstützen

Von Petra Schnirch, Kranzberg

Ihren Widerstandsgeist haben sich die Kranzberger bewahrt - trotz der Niederlage vor dem Verwaltungsgericht. Zwar müssen sie akzeptieren, dass die Gemeinde Privatkläger Theo Dittmann im Kampf gegen eine dritte Startbahn am Flughafen finanziell nicht unterstützen darf. Die Gemeinderäte weigerten sich aber, anders als vom Landratsamt gefordert, einen Bescheid zu erlassen, dass sie die Entscheidung zurücknehmen. Nützen wird dies letztendlich nichts, da die Aufsichtsbehörde diesen Schritt nun selbst vollziehen wird. Doch Sonja Kieslinger (FWG) sprach sich in der Gemeinderatssitzung am Dienstag dafür aus, es darauf ankommen zu lassen. "Wir sollten Farbe bekennen", fand auch Silvia Tüllmann (FWG) - und alle Kollegen folgten ihnen.

Dittmann will dennoch nicht aufgeben. Er wehrt sich dagegen, dass im Genehmigungsbescheid für die dritte Bahn die 62-Dezibel-Linie in Kranzberg wegfällt, dass es künftig also noch lauter werden könnte. Er wolle ein Urteil haben, sagte Dittmann der SZ. Derzeit ruht seine Klage. In Kranzberg soll nun ein Spendenkonto eingerichtet werden. Martin Oberprieler (Kranzberger Gemeindeliste) schlug im Gemeinderat vor, das Sitzungsgeld vom Dienstag gleich weiterzuleiten. Anton Hierhager (SPD) appellierte an die Bürger, dass jeder drei Euro spenden sollte - das entspräche den Ausgaben für eine Pizza pro Familie.

Juristisch will die Gemeinde nicht weiter gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts vorgehen. Eine Berufung ist nicht möglich, die Aussicht einer Nichtzulassungsbeschwerde liege nach Einschätzung des Anwalts bei gerade einmal zehn Prozent, schilderte Bürgermeister Hermann Hammerl (FWG).

Auf eine eigene Klage gegen die Startbahn-Genehmigung hatten die Kranzberger von vorneherein verzichtet. Da kein Gebäude der Gemeinde von der Planung unverhältnismäßig stark betroffen ist, waren die Erfolgsaussichten nach Meinung der Anwälte gering. Dafür entschied das Gremium im Mai 2013, Dittmann mit maximal 10 000 Euro zu unterstützen. Mit Aufhebung der 62-Dezibel-Grenze werde die Planungshoheit der Gemeinde in einem unzulässigen Maße eingeschränkt, heißt es in der Stellungnahme aus dem Rathaus. Kranzberg werde in seiner Entwicklung bei der Ausweisung von Wohngebieten beeinträchtigt. Außerdem sollten die Bürger vor noch mehr Lärm geschützt werden. Doch das Verwaltungsgericht befand in seinem Urteil vom 18. Februar 2015 wie zuvor schon die Regierung von Oberbayern: Gemeinden dürften sich nicht "zu Sachwaltern privater Interessen" aufschwingen. Mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens sei eine solche Prozesskostenübernahme nicht zu vereinbaren. Was Hammerl dabei besonders ärgert: Ein Vorstoß der Fluglärmkommission 2003, den Lärmgrenzwert von 62 auf 58 Dezibel zu senken, lehnte das Wirtschaftsministerium damals ab mit dem Hinweis, weil die Flughafenbetreiber dadurch schlechter gestellt würden. Dass mit Wegfall der Linie die Bürger benachteiligt würden, spiele keine Rolle.

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Quelle:
SZ vom 23.04.2015
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