Süddeutsche Zeitung

Musical-Sommer:Für ein weltoffenes Freising

Lesezeit: 2 min

Im dritten Freisinger Musical-Sommer zeigen die "Freysing Larks" das Stück "Hairspray". Intendant Norbert Huber will dessen Botschaft vor allem mit Blick auf die Flüchtlinge in Freising transportieren: mehr Toleranz, weniger Ausgrenzung.

Von Gudrun Regelein, Freising

Für ihren dritten Musicalsommer haben sich die Freysing Larks "Hairspray", ein preisgekröntes Broadway-Musical, ausgesucht. "Die Wahl ist nicht durch Zufall auf Hairspray gefallen - wie bei den Stücken zuvor, bei Korbinian und Feuerhex, lag eine Verbindung zu Freising vor", sagt Norbert Huber, Chorleiter und künstlerischer Vorstand des Vereins Freysing Larks. "Die Freysing Larks machen nicht ein Musical, sie machen ein Event - und wir beschäftigen uns mit einem Thema, das auch die Stadt beschäftigt."

Seit einigen Jahren seien das die Flüchtlinge, "deshalb haben wir uns für Hairspray entschieden, bei dem die Integration zentrales Thema ist". Das Musical spielt in den 60-er Jahren an der Ostküste der USA in Baltimore, in einer Zeit, die geprägt ist von Rassismus und biederer Bürgerlichkeit, aber auch der Träume und des Aufbegehrens. Hairspray sei viel mehr als nur eine Komödie, es sei ein Aufruf für Toleranz und gegen Ausgrenzung, sagt Huber.

Drei Darsteller und ihre Erfahrung in Freising

"Jeder kann zur Integration beitragen" Natalia Oliveira: "Ich bin gebürtige Brasilianerin und studiere in Weihenstephan an der TUM Brauwesen und Getränketechnologie. In Freising bin ich von Anfang an gut aufgenommen worden. Ich habe schnell Freunde gefunden, die mir die Trennung von zu Hause erleichtert haben. Was ich mir wünsche: Regelmäßige internationale Abende, bei denen in lockerer Atmosphäre ein Austausch über die Kulturen stattfindet. Jeder Mensch, der mit Offenheit und Interesse in ein anderes Land kommt, kann zur Integration in eine Kultur beitragen."

Drei Darsteller und ihre Erfahrung in Freising

"Bürokratie erschwert die Bemühungen" Edith Trinidad Ogago: "Die Wurzeln meiner Familie liegen im Herzen Afrikas. Ich gehe hier in Freising zur Schule und werde im September eine Berufsausbildung in der Gastronomie beginnen. Ich fühle mich in Freising gut akzeptiert und aufgenommen, habe Freunde und persönliche Kontakte. Verbessern könnte sich die schwerfällige Bürokratie, die in vielen Bereichen die Integrationsbemühungen erschwert. Mein persönlicher Beitrag zu einer gelungenen Integration: Ich verhalte mich freundlich und hilfsbereit gegenüber meinen Mitbürgern."

Drei Darsteller und ihre Erfahrung in Freising

"In Freising fühle ich mich gut akzeptiert" Raphael Makumpa: "Ich bin Abiturient am Hofmiller-Gymnasium. In Freising fühle ich mich gut akzeptiert. Ich wurde nie wegen meiner Hautfarbe ausgeschlossen oder gemobbt, es gab jedoch einzelne Begegnungen, bei denen ich beschimpft wurde. Durch "Hairspray" habe ich gelernt, meine Hautfarbe selbstbewusst auf die Bühne zu bringen. Ich denke, besonders Kinder aus Immigrantenfamilien brauchen ein Gefühl der Zugehörigkeit, ist ihnen doch das Herkunftsland ihrer Eltern oft fremder als das Land, in dem sie aufwachsen."

Huber nimmt eine immer geringere Bereitschaft wahr, sich mit den Themen Flucht und Asyl auseinanderzusetzen.

Norbert Huber ist nicht nur Intendant des diesjährigen Freisinger Musicalsommers, er ist auch Musiklehrer. Seit einiger Zeit unterrichtet er Flüchtlingsklassen an der Freisinger Fachoberschule. "Wenn man mit diesen jungen Menschen engen Kontakt hat, dann sieht man sie nicht mehr als Flüchtlinge, sondern als einzelne Menschen, sieht die individuellen Schicksale", sagt Huber. Das beschäftige ihn. Fremdenfeindliche Ausschreitungen, Alltagsrassismus oder auch antisemitische Angriffe, wie sie derzeit in Deutschland passierten, gebe es in Freising zwar glücklicherweise nicht. Er beobachte hier eine freundliche Gelassenheit gegenüber den Flüchtlingen. Aber Huber nimmt auch eine immer geringere Bereitschaft, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, wahr. "Wahrscheinlich sind die Energiereserven verbraucht", die Euphorie, die es zu Beginn gab, als viele Flüchtlinge in den Landkreis kamen, sei abgeflaut.

Mit Hairspray wolle man nun für mehr Offenheit und Toleranz ein Zeichen setzen. Natürlich sind auch bei der Freisinger Aufführung neben vielen Mitwirkenden aus der Stadt und der Umgebung eine Reihe ausländischer Mitspieler dabei, sagt Huber. Sänger- und Tänzer aus 15 Nationen, beispielsweise Kuba, Ghana, Nigeria, Bolivien und Brasilien, machen sich gemeinsam mit dem Projektchor Freysing Larks für ein tolerantes und weltoffenes Freising stark. Ursprünglich wollte Huber sogar alle seiner zehn Flüchtlingsklassen - immer zwei Klassen bei jeder Aufführung - dabei haben. Das sei aber, trotz aller Erfahrung mit Großprojekten, mit 100 Flüchtlingen nicht zu realisieren gewesen. Nun sind noch drei Flüchtlinge dabei, zwei andere haben keine Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung bekommen. "Für die Flüchtlinge ist wichtig, als Teil des Ganzen ganz normal mitwirken zu können", erzählt Huber. Allen könne er nicht helfen, nicht alle integrieren. Er könne nur im kleinen Rahmen Flüchtlingstheater machen. "Und habe so mein kleines Happy End."

Wegen des Umbaus des Asamgebäudes findet der Musicalsommer in der Luitpoldhalle statt. Aufführungen sind am Freitag, 22. Juni, 19.30 Uhr; Samstag, 23. Juni, 14.30 und 19.30 Uhr; Sonntag, 24. Juni, 14.30 und 19.30 Uhr und Montag, 25. Juni, 19.30 Uhr. Restkarten sind an der Kasse erhältlich.

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Quelle:
SZ vom 15.06.2018
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