Süddeutsche Zeitung

Haushaltsberatungen in der Stadt Freising:Stellenplan überraschend abgelehnt

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Weil der städtische Etat so nicht genehmigt werden kann und die Rechtsaufsicht angesichts des enormen Finanzlochs ohnehin schon nervös ist, muss der Oberbürgermeister nun mühsam einen Kompromiss suchen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Ratlosigkeit stand Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher am Ende ins Gesicht geschrieben und auch am Tag danach räumte er noch "ein großes Fragezeichen hinter dieser Abstimmung" ein. Irgendwie hatte der Finanzausschuss am Montag in zwei Durchgängen den eigentlich vorberatenen Stellenplan der Stadt für das kommende Jahr abgelehnt - zur allgemeinen Überraschung, wie es schien. Der Stellenplan allerdings ist Bestandteil des städtischen Haushalts, den anzunehmen wiederum der Finanzausschuss dem Stadtrat mit nur einer Gegenstimme empfohlen hat.

Dass Rudi Schwaiger (CSU) gegen diese Empfehlung stimmen würde, war dabei erwartbar gewesen. Seine Kritik am Finanzgebaren des aktuellen Stadtrats ist deutlich älter als die aktuelle Krise. Schwaiger hatte schon Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit des städtischen Etats geäußert, als dort noch kein 60-Millionen-Loch klaffte, bereits 2020 hatte er deshalb nur zähneknirschend zugestimmt.

Die Grünen stören sich an Stellen für den Bau der Event-Arena

Als politisch durchaus nachvollziehbar darf auch der am Montag von Stadträtin Susanne Günther für die Grünen eingebrachte Antrag gewertet werden, der indirekt für das Kippen der Abstimmung verantwortlich war. Denn im Stellenplan der Stadt sind drei Stellen verankert, die ausschließlich dem Bebauungsplanverfahren zum Bau der Event-Arena "Muccc" am Münchner Flughafen dienen. Dieses Projekt lehnen die Grünen bekanntlich ab und forderten deshalb die Streichung dieser drei Stellen aus der Personalplanung.

Eschenbacher hielt dem zwar entgegen, dass dieser Posten der einzige kostenneutrale in der Planung sei - dieser werde nämlich dem Planungsträger zu 100 Prozent in Rechnung gestellt. Susanne Günther aber hielt an ihrem Antrag fest, weil sie sich den städtebaulichen Vorvertrag dazu angesehen hat, wie sie auf Nachfrage erklärte: Dort sei nicht einmal festgelegt, wann bezahlt werde, so ihre Kritik, und: "Bürgerinnen und Bürger warten zum Teil ein Dreivierteljahr auf die Bearbeitung eines Bauantrags, weil die Verwaltung überlastet ist, aber für das Muccc stellen wir ein ganzes Team ein."

Dem Oberbürgermeister blieb also nichts anderes übrig, als über den Antrag abstimmen zu lassen - tat das auf Empfehlung von Hauptamtsleiter Rupert Widmann aber in der "falschen" Reihenfolge, wie sich später herausstellte. Weil der Vorschlag der Verwaltung mit den strittigen drei Stellen am Ende zumindest auf dem Papier zunächst der "teurere", also weiterreichende war, sollten die Ausschussmitglieder zuerst darüber befinden. Wie zu erwarten, stimmten außer den drei Grünen-Stadträten auch die anderen Muccc-Gegner am Tisch - Guido Hoyer (Linke) und Ulrich Vogl (ÖDP) - gegen diese Variante.

Weil aber auch Schwaiger und etwas überraschend Karlheinz Freitag (FW) dagegen votierten und Robert Weller (FW) gerade nicht im Raum war, fiel die Vorlage der Verwaltung mit 5:7 Stimmen durch. Und nachdem Schwaiger und Freitag bei ihrer grundsätzlichen Ablehnung des Stellenplanes blieben, die Stadträte von Freisinger Mitte und SPD aber auch keinen Stellenplan ohne das Muccc-Team durchwinken mochten, scheiterte anschließen auch der Antrag der Grünen - ebenfalls mit 5:7 Stimmen. Wäre andersherum abgestimmt worden, hätten die Grünen nach einem Scheitern ihrer Forderung dagegen dem ursprünglichen Vorschlag sehr wohl zugestimmt, versicherte Günther tags darauf.

Oberbürgermeister: "Die Konsequenzen müssen dann auch getragen werden"

Für den Oberbürgermeister bedeutet das nun vor allem mühselige Verhandlungen, die möglichst bis zur Stadtratssitzung am Donnerstag, 1. Dezember, abgeschlossen sein sollten. Denn ohne einen genehmigten Stellenplan kann eigentlich auch der Haushalt nicht genehmigt werden beziehungsweise würde er von der Rechtsaufsicht ziemlich schnell "kassiert", wie Eschenbacher erklärt. Er müsse also nun abfragen, wo genau sich die Gegner des Entwurfs noch Änderungen vorstellen. Eschenbacher: "Auf tarifliche Höhergruppierungen gibt es beispielsweise einen Rechtsanspruch, die kann man nicht einfach weglassen." Und wenn man Stellen streiche, etwa beim Personal für die Wiedereröffnung des Stadtmuseums oder im Bauamt, "dann werden wir viele Dinge eben nicht machen können. Die Konsequenzen müssen dann auch getragen werden". Generell ist in seinen Augen aber die Entscheidung über den Haushalt "die falsche Stelle für symbolische Abstimmungen. Man wird seiner Verantwortung für das Ganze nicht gerecht, wenn man einzelne Punkte ablehnt."

Das sieht Karlheinz Freitag anders: Er habe dagegen gestimmt, weil die überbordende Bürokratie und immer neue Vorschriften aus den Ministerien von den Kommunen nur noch erfüllt werden könnten, "wenn wir jedes Jahr 20 neue Leute einstellen". Das aber reiße immer größere Löcher in den Verwaltungshaushalt. Nun müsse man einerseits 60 Millionen Euro Schulden machen, andererseits sollten soziale Leistungen gekürzt werden, da habe er jetzt einfach nicht mehr zustimmen können: "Ich hoffe, dass auf diese Situation jetzt irgendwie reagiert wird."

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