Süddeutsche Zeitung

Freisinger Stadträte wehren sich:Bündnis gegen Arbeiterwohnheim

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Die vom Planungsausschuss nur knapp genehmigte Umnutzung des Hotels "Zur Gred" soll nach einer Reklamation noch einmal im Stadtrat behandelt werden.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die geplante Umnutzung des ehemaligen Hotels "Zur Gred" in ein Arbeiterwohnheim schlägt jetzt weitere Wellen: Ein überfraktionelles Bündnis aus Grünen, ÖDP, der Linken und Teilen der Freien Wähler hat die zuletzt im Planungsausschuss erteilte Genehmigung des Vorhabens jetzt reklamiert: Die beteiligten Stadträte fordern, das Thema erneut im Gesamtstadtrat zu behandeln. Die vorgestellte Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes sei "inkompatibel mit den Zielen und Zwecken der Freisinger Innenstadtentwicklung und -sanierung", heißt es in einer Mitteilung zu der Reklamation, die am Mittwochmorgen verschickt wurde.

Bereits in der Ausschusssitzung war das Vorhaben des Eigentümers Graf Guy von Moy, aus der "Gred" ein Wohnheim für Arbeiter mit bis zu 59 Betten zu machen, äußerst kontrovers diskutiert worden. Vor allem der Wegfall der früheren Gastronomie im Erdgeschoss wurde dabei massiv kritisiert. Weil der Graf aber ein Anrecht auf die Nutzung als Arbeiterwohnheim hat, die Umnutzung zudem auf fünf Jahre befristet ist und man einen Privatmann einfach nicht zwingen kann, ein Restaurant zu betreiben, wie Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher betonte, stimmten am Ende sieben von 13 Ausschussmitgliedern für die Pläne.

Wie schon die Grünen in der Ausschusssitzung fordern die Unterzeichner der Reklamation jetzt eine Überplanung des betroffenen Areals mit Hilfe eines sogenannten "einfachen Bebauungsplans", um die rechtliche Situation zu ändern. Ziel soll es sein, den Charakter der Oberen Altstadt als "besonderes Wohngebiet" zu erhalten und zugleich die zentrale Innenstadt im Bereich Obere Hauptstraße und Bahnhofstraße durch Läden, Gastronomie, Passagen zu beleben. Gerade im Bereich der Bahnhofstraße sei eine weitere Schließung einer Traditionsgaststätte kontraproduktiv, heißt es, ebenso stünden enorme Herausforderungen an die Verkehrssituation am Wörth im Raum, schreiben die beteiligten Stadträte.

Ein weiterer Kritikpunkt, der in dem Schreiben herausgestellt wird, ist, dass die beantragte Arbeiterherberge nur über einige Gemeinschaftstoiletten sowie in manchen Zimmern nicht einmal über ein Bad verfüge. Jüngste Erfahrungen in der Covid-19-Krise "legen nahe, derartige Betriebsformen grundsätzlich nicht weiter zu verfolgen". In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage, inwieweit ein tragfähiges Betriebs- und Hygienekonzept einer solchen Einrichtung hätte vorgelegt werden müssen.

Der langjährige Pächter Stefan Jurič hatte das ehemalige Hotel "Zur Gred" im Januar 2019 aufgegeben. Damit standen auch viele Gruppierungen und Vereine, die sich dort regelmäßig getroffen hatten, auf der Straße. Das Haus ist als Einzelbaudenkmal gelistet, das Landesamt für Denkmalpflege hat der befristeten Umnutzung jedoch zugestimmt.

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Quelle:
SZ vom 16.07.2020
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