Süddeutsche Zeitung

Freisinger Fabriken:Wolle statt Weißbier

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Heinrich Reiter gründet 1926 in einer einstigen Brauerei eine Wollwarenfabrik.

Von Peter Becker, Freising

"Freisinger Fabriken" heißt ein Buch, das der Freisinger Hans Lorenzer 2022 veröffentlicht hat. Das Nachschlagewerk, wie er es nennt, beschäftigt sich mit Fabriken und Werken innerhalb des Stadtgebiets. Manche gibt es heute noch, viele sind verschwunden. Die Freisinger SZ stellt in einem Streifzug durch die Industrialisierung bestehende und aufgegebene Unternehmen vor. Heute: Wollwarenfabrik Heinrich Reiter (1926 - 1982).

Freising scheint früher nicht nur eine Stadt mit vielen Brauereien, sondern auch Fabriken gewesen zu sein, die sich mit der Herstellung von Textilien beschäftigten. Unter anderem die Wollwarenfabrik H. Reiter, ursprünglich beheimatet an der Oberen Hauptstraße 297. Zu jener Zeit gab es die Johannisstraße, wo sie später offiziell ansässig war, noch nicht. Sie warb in einer Zeitungsannonce mit dem Text, "Erste und billigste Bezugsquelle in sämtlichen Strickwaren" zu sein.

Gegründet hat die Wollwarenfabrik Heinrich Reiter 1926 zusammen mit seiner Frau. Diese sei eine gelernte Strickerin aus Österreich gewesen, schreibt Hans Lorenzer in seinem Buch. Das Ehepaar erwarb das ehemalige Gebäude der Weißbierbrauerei Herb, die auch unter dem Namen Sternbräu bekannt war, an der Kammermühlmoosach am Fürstendamm.

Der Erfolg muss groß gewesen sein. Schon bald erweiterte Reiter seinen Betrieb um ein Nebengebäude. Auf einer Fläche von 400 Quadratmetern habe der Unternehmer "53 Arbeiter an 50 Maschinen" beschäftigt, schreibt Lorenzer. 1933 war der erste Boom wegen der rapide ansteigenden Kosten vorbei. Reiter musste seinen Betrieb verkleinern. Das Produktionsgebäude wurde an den Staat verkauft. Vermutlich auf Initiative der Nationalsozialisten etablierte sich dort bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine Fachschule des Heeres. Später zog dort vorübergehend die Post ein, deren Gebäude am Bahnhof dem Bombenangriff vom 18. April zum Opfer gefallen war.

Von 1945 an ging es mit dem Unternehmen wieder steil aufwärts. Zwischen 1953 und 1956 erlebte die Wollwarenfabrik ihre beste Zeit. Hergestellt wurden Unterwäsche, Pullover, Jacken, Kostüme, Mützen und Schals. 1982 schloss die Fabrik. Aus welchen Gründen schreibt Lorenzer nicht. Vermutlich lohnte sich das Geschäft nicht mehr oder es gab niemanden, der die Fabrik weiterführen wollte.

Noch einen weiteren Produzenten von Kleidung gab es in Freising. Von 1963 bis 1974 existierte am Schwalbenweg in Lerchenfeld die Firma Allwerk der Inhaber Eder und Bauer. Etwa sechzig Frauen waren dort mit der Fertigung von Jacketts und Hosen beschäftigt.

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