Süddeutsche Zeitung

Pendler haben das Nachsehen:Sturmtief legt die S1 nach Freising lahm

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Orkanartige Böen fegen Äste und Zweige auf die Gleise, Bäume geraten in die Oberleitungen - und die Aufräumer von der Bahn kommen nicht hinterher. In Neufahrn stürzt ein Baum auf ein Wohn- und Geschäftsgebäude.

Von Luise Hoppe, Freising

Die orkanartigen Böen in der Nacht zum Dienstag haben auch im Landkreis Freising nicht nur Einsatzkräfte sondern auch Berufstätige, die täglich auf den Zugverkehr angewiesen sind, ordentlich ins Schwitzen gebracht. Das Sturmtief, das samt Regenfällen bis in den Morgen über Südbayern gezogen war, hatte am frühen Morgen im Landkreis Freising zu zahlreichen Einsätzen für die örtlichen Feuerwehren und die Polizei geführt. Auch die Bahn bekam die Auswirkungen zu spüren. Wegen umgestürzter Bäume und Zweige auf den Gleisen mussten Pendler stundenlange Verspätungen in Kauf nehmen.

Von 5.20 bis 8 Uhr waren am Dienstagmorgen insgesamt 20 ehrenamtliche Einsatzkräfte im Einsatz, wie die Freiwillige Freisinger Feuerwehr meldete. Bis in die Morgenstunden habe es sechs Einsätze gegeben. An der Lintnerstraße fiel eine Baumkrone auf ein Hausdach, das dabei jedoch nur geringfügig beschädigt wurde. Auch an der Wiesenthalstraße, Hohenbachernstraße, Isarstraße und auf der Straße nach Dürnast mussten laut Feuerwehr weitere Äste und Bäume entfernt werden. Zudem habe ein umgestürzter Baum an der Mühle in Vötting die Telefonleitung durchtrennt und dadurch die Fahrbahn blockiert.

Auch die Neufahrner Feuerwehr war am frühen Dienstagmorgen im Einsatz. Ein knapp 20 Meter hoher Baum war auf das Wohn- und Geschäftsgebäude Am Hart 1 gestürzt und drohte weitere Schäden anzurichten, wie der Sprecher der Neufahrner Feuerwehr, Jens-Peter Lentrodt, mitteilte. Gegen 6 Uhr habe die Feuerwehr nach Absicherung der Unfallstelle den Baum unter Zuhilfenahme einer Drehleiter von der Krone abwärts Stück für Stück mit der Elektro-Motorsäge abgeschnitten. Nach etwa einer Stunde sei die Gefahr beseitigt gewesen und der Einsatz beendet worden. Zum Glück sei das ganze kein Großeinsatz sondern eher eine "Lappalie" gewesen, so der Kommandant der Neufahrner Feuerwehr, Reinhold Kratz. Auch aus Sicht der Freisinger Polizei verlief der Sturm recht "glimpflich", wie Polizeihauptkommissar Michael Ertl zitiert wird.

Laut dem Bericht gab es aufgrund umgestürzter Bäumen einige Straßensperrungen. In den Morgenstunden sei die komplette Staatsstraße 2054 zwischen Freising und Allershausen, die halbe Fahrbahn zwischen Allershausen und Hohenkammer und die FS 10 bei Zolling gesperrt gewesen. Zudem habe ein umgestürzter Bauzaun an den Schlüterhallen Polizei und Feuerwehr am Morgen beschäftigt. Zu Sachschäden durch herunter- oder umfallende Gegenstände kam es laut Polizei nicht.

Am Flughafen München kam es am Dienstag wegen des Sturmtiefs kurz vor 6 Uhr zu einem halbstündigen Abfertigungstop. Nach Angaben von Pressesprecherin Kathrin Stangl wurden zudem 25 Flüge annulliert. Dies habe aber nicht nur am Münchner Wind gelegen, sondern auch am schlechten Wetter an einigen Zielorten.

Auch der Bahnverkehr ist vom Sturmtief betroffen

Nicht nur Polizei und Feuerwehr, auch die Deutsche Bahn war von den Auswirkungen des Sturmtiefes betroffen. Vor allem habe die Bahn mit Ästen und Zweigen auf den Gleisen sowie umgestürzten Bäumen, die in die Oberleitungen geraten, zu kämpfen, wie ein Sprecher der Bahn mitteilte.

Aufgrund von Vorfällen in Pulling und in Langenbach fuhr die S-Bahn-Linie S 1 am Dienstag lange ausschließlich zum Münchner Flughafen und wurde nicht wie gewohnt in Neufahrn geteilt. Fahrgäste, welche die Streckenverbindung Neufahrn-Freising nutzen möchten, konnten nach Angaben der Bahn im eingerichteten Schienenersatzverkehr Busse nutzen. Auch die Strecke nach Landshut war von den Vorfällen betroffen, die Strecke war nur auf einem Gleis befahrbar.

Nach Angaben der Bahn waren Mitarbeiter und Spezialfahrzeuge so schnell wie möglich vor Ort, um die Situation unter Kontrolle zu bringen.

Pendler nehmen es gelassen

Die Fahrgäste vom Münchner Hauptbahnhof nach Freising nahmen es gelassen - oder hatten sich einfach damit abgefunden, dass ein Baum in der Oberleitung den totalen Stillstand bedeutet. "Irgendwas ist ja immer bei der S1", fasste es eine junge Frau in der S-Bahn am Hauptbahnhof zusammen. Eine gute halbe Stunde nach der geplanten Abfahrt hatte es zuvor im Zug Richtung Nürnberg geheißen, die Abfahrt verzögere sich weiter - wann es losgehe, könne keiner sagen. Nur als man knapp zwei Stunden später endlich in Freising angekommen war, die einen wohl im Schienenersatzverkehr von Neufahrn, die anderen im regulären Bus 635 vom Besucherpark, sagte eine Mitfahrerin: Ein bisschen ein Trauma habe sie schon von dem Satz: Die Abfahrt verzögere sich - "auf unbestimmte Zeit".

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SZ vom 05.02.2020
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