Süddeutsche Zeitung

Freisinger Aktionsnacht:Demokratie zum Mitmachen

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Einen ganzen Abend lang laden viele kreative Angebote in der Innenstadt zum Nachdenken über die Vorzüge dieser Staatsform ein - auch wenn Poetry-Slammer Philipp Potthast durchaus Luft nach oben sieht.

Von Henrike Adamsen, Freising

Grüne und gelbe Herzen, weiße Hände auf rotem Untergrund. Am Demokratiebanner herrschte am Samstagabend reges Treiben, als die Künstler Pepito Anumu und Marian Kretschmer die Kinder beim Pinseln anleiteten. Das Banner war nur eine von vielen kreativen Ideen, die in der "Langen Nacht der Demokratie" dazu einluden, sich bewusst mit dieser Staatsform und dem Lebensgefühl zu beschäftigen. So traf man immer wieder auf Aufnahmen von Freisingern, die erzählen, was Demokratie für sie bedeutet. "Freiheit und Pflicht", sagte eine Frau, die in der Fußgängerzone gefilmt wurde. "Sicherheit", meinte ein syrischer Flüchtling, dessen Portrait und Gedanken in der Volkshochschule ausgestellt sind.

Zum kreativen Austausch lud auch die Domberg-Akademie ein. Eine Schreibwand bot die Möglichkeit zum stillen Gespräch, über Stärken und Gefahren der Demokratie. "Fakenews" las man bei den Gefahren, "Unwissenheit", "Undankbarkeit", "China". Über ein Ballometer fand außerdem eine kleine Umfrage statt: Demokratie ist für mich - Mitsprache? Toleranz? Die Besucher und Besucherinnen durften sich entscheiden, indem sie einen Ball in die richtige Röhre warfen. Auch Vorträge waren Teil des Programms, das Angebot zum Argumentationstraining gegen Verschwörungstheorien traf auf großes Interesse. "Wir mussten schon einige Leute wegschicken, weil der Raum voll ist", erzählte Teresa Ploch, die als Hilfskraft in der Domberg-Akademie die Stellung hielt. "Wir sind positiv überrascht über den Andrang", sagte sie erfreut.

Dank an den Treffpunkt Ehrenamt und die mitwirkenden Vereine

Zur Begrüßung von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher waren viele Besucher am Marienplatz zusammengekommen. Die Blasmusik der Stadtkapelle erklang um 17.48 Uhr, erinnert wurde an den Demokratie-Vordenker Montesquieu, der im Jahr 1748 seine Schrift über die Gewaltenteilung veröffentlichte. Eschenbacher richtete seinen Dank an Johanna Sticksel, Leiterin des Treffpunkts Ehrenamt, und Marita Hanold sowie an die vielen Vereine, die an der Organisation beteiligt waren. Im Anschluss sorgte der Freisinger Poetry-Slammer Philipp Potthast mit seinem kurzen Abriss über die Demokratie für Lacher. Seine Botschaft: Die Geschichte der Demokratie ist noch nicht zu Ende, denn da ist noch Luft nach oben.

Ursprünglich war der Aktionstag bereits im vergangenen Jahr geplant, um 30 Jahre Deutsche Einheit zu feiern. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Lange Nacht der Demokratie aber verschoben werden. Ein guter Aufhänger, denn Demokratie sei durch Corona wieder präsenter geworden, so Eschenbacher. Das eine Jahr Verspätung zahlte sich durch die längere Vorbereitungszeit aus. Kleinere Veranstaltungen im Vorhinein und Werbung in der ganzen Stadt veranlassten offenkundig viele dazu, der Freisinger Innenstadt am Samstagabend einen Besuch abzustatten. Die Stadträtin Joana Bayraktar (Grüne) war Lotsin unterwegs und freute sich über den Andrang: "Wir haben es echt geschafft, die Menschen mit dem Programm anzusprechen." Neben den vielen bekannten Gesichtern, die sie von Demos und öffentlichen Veranstaltungen kenne, seien auch viele neue Leute dabei gewesen.

Jugendliche diskutieren über das Wahlalter

Ein zentrales Thema war auch, wie die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Demokratie verstärkt werden könnte. Der Kreisjugendring organisierte im Furtnerbräu eine Diskussionsrunde über die Frage, ob das Wahlalter gesenkt werden sollte. Diese Frage stellten sich auch die Kinder, deren Banner am Samstag die Fassaden des Bankhauses Sperrer schmückten. Auf buntem Hintergrund stand da: Warum darf nicht jeder wählen?

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SZ vom 04.10.2021
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