Süddeutsche Zeitung

Freisinger im Krisenmodus:Von Woche zu Woche hangeln

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Im Marzlinger Gemeindekindergarten, der vorübergehend geschlossen war, wird mittlerweile eine Notbetreuung für vier Gruppen angeboten. Wann es wieder einen Normalbetrieb gibt, ist ungewiss. Fitnessstudio-Betreiber Franz Jungmeier hofft, dass es bei ihm Ende Mai weitergeht.

Von Gudrun Regelein, Freising

Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie treffen die Menschen im Landkreis auf den unterschiedlichsten Ebenen. Für manche bedeuten sie nur Einschränkungen in ihrem Freizeitverhalten, die meisten haben aber konkrete Sorgen - ob es nun um Gefahren für die eigene Gesundheit, um die schwierige Betreuung der Kinder oder die Rettung des eigenen Geschäfts oder Unternehmens geht. Die Freisinger SZ gibt in einer Serie Einblicke in das Leben der Menschen im Krisenmodus.

Der Kindergarten

Der Gemeindekindergarten in Marzling war von der Corona-Krise schon sehr früh betroffen. Im häuslichen Umfeld einer Mitarbeiterin gab es Anfang März einen positiv getesteten Coronafall, die Mitarbeiterin wurde deshalb zu Hause unter Quarantäne gestellt. Die Einrichtung mit ihren ungefähr 120 Kindern und 25 Angestellten wurde vorsorglich geschlossen - zunächst bis Mitte März.

Geschlossen ist der Kindergarten zwar auch heute noch, aber eine Notbetreuung für Eltern, die in systemrelevante Berufen arbeiten, wird nun dort angeboten. "Wir haben eine Krippengruppe, zwei Kindergartengruppen am Vormittag und eine am Nachmittag", berichtet Doreen Feil, die Geschäftsleiterin der Gemeinde Marzling. In jeder Gruppe sind nur sehr wenige Kinder, maximal sechs sind es in den Kindergartengruppen. Durch die kleine Gruppengröße will man die Ansteckungsgefahr minimieren. Die Erzieherinnen hätten momentan keinen einfachen Job, meint Feil. Denn gerade bei sehr kleinen Kindern könne der eigentlich geforderte Mindestabstand nicht eingehalten werden. "Das funktioniert einfach nicht, Krippenkinder beispielsweise müssen ja auch noch gewickelt werden", berichtet Feil. Die Mitarbeiterinnen tragen alle Mundschutz, den älteren Kindern werde erklärt, weshalb ein zu enger Kontakt momentan nicht möglich ist. Die üblichen Hygieneregeln, wie häufiges Händewaschen, werden natürlich alle eingehalten.

Ob die Eltern tatsächlich einen Anspruch auf die Notbetreuung haben, wird überprüft, sagt die Geschäftsleiterin. Die Eltern müssen ein Formular ausfüllen, außerdem muss eine Bestätigung vom Arbeitgeber, dass es sich um einen systemrelevanten Beruf handelt, vorgelegt werden. Wann aber der Normalbetrieb wieder aufgenommen werden kann, ist ungewiss. "Wir hangeln uns von Woche zu Woche", sagt Feil. Die Eltern in der Gemeinde, deren Kinder momentan die Kita nicht besuchen können, müssen zumindest bereits seit April keine Gebühren mehr bezahlen - das wurde schon bald nach der Schließung im März so beschlossen.

Das Fitnessstudio

Seit fast sieben Wochen haben die beiden Fitnessstudios von Karin und Franz Jungmeier in Freising nun schon geschlossen. Die insgesamt mehr als 3000 Kunden dürfen dort nicht mehr trainieren, Kurse finden keine mehr statt. Die festangestellten Trainer mussten in Kurzarbeit geschickt werden, die freiberuflichen Mitarbeiter und Aushilfen dagegen hängen momentan in der Luft. Er höre von vielen Kunden, wie sehr ihnen das Training fehle, erzählt der Fitnessstudioinhaber. Zwar seien auf der Homepage des Studios verschiedene Videos für das Training daheim eingestellt, auch finde man dort Trainingspläne und Ernährungstipps, aber das alles ersetze dennoch nicht die Gemeinschaft. "Beim gemeinsamen Trainieren ist die Motivation natürlich viel höher, das macht viel mehr Spaß", sagt er.

Einnahmen haben die Jungmeiers momentan zwar noch, denn die Mitgliedschaften laufen weiter. "Aber wenn wir endlich wieder öffnen dürfen, wird es uns dann umso stärker treffen", berichtet Jungmeier. Denn die ausgefallenen Wochen werden den Mitgliedern nicht berechnet, sondern gutgeschrieben - das bedeutet, dass diese dann diese Zeit trainieren dürfen, ohne bezahlen zu müssen. "Wir müssen aber, sobald wir öffnen, wieder die vollen Kosten tragen", erklärt Jungmeier. Die langfristigen Prognosen seien düster, die Fitnessbranche rechne damit, noch in diesem Jahr zehn bis zwanzig Prozent ihrer Kunden zu verlieren. "Wirtschaftlich arbeiten können wir dann nicht mehr", befürchtet er deshalb.

Vor ein paar Tagen hat Jungmeier ein Schreiben an verschiedene Politiker geschickt, unter anderem auch an Florian Herrmann (CSU), den Leiter der bayerischen Staatskanzlei. Darin hat er geschildert, wie existenzbedrohend die Lage für ihn sei und wie wichtig eine Öffnung der Fitnessstudios für die Kunden wäre. "Sport ist wichtig, Sport hält die Leute gesund", sagt Jungmeier. Wann es aber endlich weitergeht, weiß er nicht. In Österreich dürften Sportstätten ab Mitte Mai wieder öffnen. "Wenn das dort gut geht, dann sind wir hoffentlich Ende Mai an der Reihe."

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Quelle:
SZ vom 30.04.2020
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