Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Der Dom steht im Weg

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Die Altstadt, Tiefflugschneisen, Flughafen und Wetterradar erschweren die Suche nach geeigneten Standorten für Windkraftanlagen. Um Freising herum gilt eine Bannmeile von 2,5 Kilometern. Die Grünen im Landtag fordern, die Flugsicherung so schnell wie möglich mit der neuesten Technik auszustatten.

Von Peter Becker, Freising

Als wenn der Widerstand von Teilen der Bevölkerung gegen Windkraftanlagen nicht schon groß genug wäre: Den Windrädern stellen sich im Landkreis weitere Hindernisse in Form von Sicherheitsabständen und Denkmalschutz entgegen. Zum Beispiel in Gestalt des Mariendoms und der historischen Freisinger Altstadt. Im Norden, in der Hallertau, gibt es Tiefflugzonen und im Süden verhindert der Flughafen im Moos den Bau von Windrädern. "Das schränkt uns alles massiv ein", bedauerte Landrat Helmut Petz während der jüngsten Bürgermeister-Dienstbesprechung. Derweil will die Fraktion der Grünen im Landtag dahingehend Druck ausüben, die Sicherheitstechnik der Flugsicherung so rasch wie möglich auf den neuesten Stand zu bringen. Dann wären auch Windräder im Umfeld des Flughafens möglich.

Angesichts der vielen Tabuzonen gestand Petz, dass es ihm allmählich mulmig zumute werde. Bis zum Stichtag am 31. Dezember 2027 soll eine Fläche von insgesamt 1,1 Prozent der Gesamtfläche Bayerns ausgewiesen sein. Gibt es dann in den Gemeinden keine Vorrangflächen für Windräder, kann jeder Investor kommen und so eine Anlage bauen, wo es ihm gefällt. Es sei denn, das Immissionsschutzrecht spricht dagegen.

Petz war jüngst in einer Sitzung des Beirats des Regionalen Planungsverbands (RPV) in der Region 14 zugegen. Das Gremium hatte die Möglichkeiten zum Aufstellen von Windkraftanlagen erörtert. Darum hatten sich die Gemeindevertreter in der Dienstbesprechung neue Erkenntnisse erhofft. Stattdessen wuchs die Verunsicherung.

Dass Windräder die Aussicht auf den Dom nicht verstellen dürfen, ist nachvollziehbar. Darum dürfen sie innerhalb eines Radius von 2,5 Kilometern nicht hochgezogen werden. Im Norden des Landkreises gibt es Tiefflugzonen und weitere militärische Anlagen, die einen Sicherheitsabstand verlangen. Es gibt Wetterradar, das nicht zugestellt werden darf. Abstände zu Autobahnen, Straßen und Bahngleisen sind zu wahren. Ebenso zu Hochspannungsleitungen, die sich bei zu großer Nähe zu den Windräder durch Luftverwirbelungen aufschaukeln könnten. Dazu kommen Abstände zu Siedlungen mit ihren Wohn- und Mischgebieten.

Die Flugsicherung soll mit neuer Technik ausgestattet werden

Im Süden des Landkreises blockiert der Flughafen. Immerhin scheint sich da langfristig etwas zu ändern. Schon während der Sitzung der Fluglärmkommission im Winter hieß es von Seiten der Deutschen Flugsicherung (DSF), terrestrische Navigationssysteme sollten von 2025 an durch satellitengesteuerte ersetzt werden. Petz sagte, dass es dazu in der nächsten Sitzung der Fluglärmkommission im Sommer einen Vortrag der DFS geben werde.

Um diese Umrüstung der Navigationssysteme auf die neueste Technik zu beschleunigen, stellt die Grünen-Fraktion im Landtag den Antrag, die Staatsregierung möge sich für eine bessere Planungssicherheit für die Kommunen im Hinblick auf den Bau neuer Windkraftanlagen in der Metropolregion München Nord einsetzen. Anlass dafür war eine Resolution der Nordallianz-Gemeinden. Bislang gilt, dass die sich drehenden Rotoren Signale der Drehfunkfeuer beeinträchtigen, welche die Navigation der Flugzeuge beeinträchtigen. Die neue Technik erlaubt es, Windkraftanlagen näher an den Flughafen heranzubauen.

Mit all diesen Restriktionen scheint es schwer, die benötigten Vorrangflächen überhaupt ausweisen zu können. Das geht wohl nicht anders, als die deren Umfang zu reduzieren. Bisher gilt, dass eine Vorrangfläche mindestens 10 Hektar betragen muss. Weil die auszuweisenden Areale in den Landkreisen Freising und Erding insbesondere überwiegend kleinteilig sind, hat der Beirat beschlossen, dieses Maß auf zwei bis drei Hektar abzusenken.

Um dass Maß der Verwirrung noch größer zu machen, ist im Paragraf 4 des Wind-an Land-Gesetzes von Rotor-in- und Rotor-out-Flächen die Rede. Letzteres bedeutet, dass der Mastfuß einer Anlage auf die Grenze einer Vorrangfläche gebaut werden darf. Die Rotoren dürfen dann über diese hinausragen. Das hätte den Vorteil, dass mehr Platz für Windräder zur Verfügung stehen würden. Befürworter der Rotor-in-Flächen bestehen im Gegensatz dazu darauf, dass sich die Rotorblätter innerhalb der ausgewiesenen Vorrangfläche befinden müsse.

"Das versteht kein Schwein", kommentierte Petz. Mehr Aufklärung gibt es dann vielleicht in der Sitzung des RPV, die am 13. Juni stattfindet. Dann sollen alle Parameter auf den Tisch kommen. Einstweilen appellierte der Landrat an die Gemeinden, ihre Planungen selbst in die Hand zunehmen. Der RPV werde diese sicher nicht über den Haufen werfen, wenn diese denn vertretbar sein. Petz hofft im Sinne des Landkreises, dass sich der Verband für die Rotor-out-Regelung entscheidet.

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