Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Freising:Volles Haus beim "Lunch mit Kevin"

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Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Kühnert fordert "mehr Schleusenwärter" zum Schutz der Demokratie.

Von Luise Hoppe, Freising

Im Hofbrauhauskeller hieß es am Donnerstagmittag: Tische rücken. Wegen der hohen Anmeldezahlen für den "Lunch mit Kevin" hatte die SPD die Veranstaltung vom Buchcafé Etappe auf den Lankesberg verlegt, doch auch da musste man mit zusätzlichen Tischen nachhelfen.

"Der Besuch kommt genau zur rechten Zeit", sagte SPD-Kreisvorsitzender Andreas Mehltretter bei der Begrüßung des stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert und bat ihn um seine Einschätzung der Ereignisse in Thüringen. Ein Tabubruch müsse auch ein Tabubruch genannt werden, erklärte Kühnert die "aggressive Reaktion der SPD" und nannte die vergangenen Tage eine "Debatte der Haltung und Prinzipien". Für ihn stelle sich bei der Diskussion um Thüringen die Frage, warum die AfD so stark werden konnte. Ein Großteil der AfD-Wähler seien Menschen, bei denen die Angst tief sitze, dass der selbst erarbeitete soziale Aufstieg gefährdet sei. Hier wolle die SPD ansetzen und in den kommenden Jahren den "Wert von Gemeinwohl in den Mittelpunkt" stellen.

Die SPD diskutiert gerade über einen Systemwechsel, bei dem ÖPNV über Steuern finanziert werden

Beispielhaft nannte Kühnert die Themen Mobilität, Pflege und Wohnen. Mobilität bedeute für ihn gesellschaftliche Teilhabe, die für jeden gleichermaßen gewährleistet sein sollte. Trotzdem werde der ÖPNV nicht durch allgemeine Steuermittel finanziert, sondern nur von den Nutzern bezahlt. Dabei mache man bei den Ticketpreisen keinen Unterschied zwischen Firmenchef und Kantinenarbeiter. Die SPD diskutiere gerade, ob man bei diesem Thema nicht einen Systemwechsel wagen und den ÖPNV über Steuern finanzieren solle. Beim Schwerpunkt bezahlbarer Wohnraum, der auch in der anschließenden Diskussionsrunde für Gesprächsstoff sorgte, setzt der 30-Jährige auf den Bau öffentlich geförderter Wohnungen und eine Bodenwertzuwachssteuer. Klimapolitisch sehe er die Energiewende als entscheidenden Schritt: "Bevor wir über E-Mobilität sprechen, müssen wir überlegen: Was ist der Strommix, mit dem das gemacht wird?".

Kühnert ging auch auf kommunalpolitische Fragen ein. Die Aufnahme von Flüchtlingen beispielsweise solle für die Kommune nicht mit Angst vor Einschränkungen, sondern mit finanzieller Unterstützung durch den Bund einhergehen. Als "Partei des Gemeinwohls" wolle die SPD zeigen: "Es lohnt sich, solidarisch zu sein". Gleichzeitig forderte er Bürger auf, mehr Verantwortung zu übernehmen und verwies auf Angriffe Rechtsextremer auf Kommunalpolitiker. Ins Rutschen gerate die Demokratie dann, wenn "Demokraten ihre Schleusen öffnen", zum Beispiel indem sie mit Rechtsextremen zusammenarbeiten. Deshalb, so Kühnert, brauche es "mehr Schleusenwärter."

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SZ vom 14.02.2020
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