Süddeutsche Zeitung

Diskussion um Heizpilze im Freien:Pläne für die Winter-Gastronomie

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Der Gaststättenverband fordert die bundesweite Zulassung von Heizpilzen im Freien. Die nämlich sind derzeit wegen ihrer klimaschädlichen Wirkung vielerorts verboten, auch in Freising. Dort haben die Wirte aber auch andere Ideen.

Von Nadja Tausche, Freising

Die Corona-Krise und ihre Folgen bekämpfen - oder lieber die Umwelt-Krise? Es sollte eigentlich keine Entweder-Oder-Frage sein, aber im Prinzip lässt sich die Diskussion um Heizpilze im Außenbereich von Bars und Restaurants auf diese Frage herunterbrechen. Der Gaststättenverband Dehoga fordert auf Bundesebene, Heizpilze heuer im Herbst und Winter zu erlauben. "Auch unsere neueste Umfrage zeigt, dass nach wie vor 59 Prozent aller gastgewerblichen Unternehmen um Ihre Existenz bangen", bestätigt Geschäftsführer Thomas Geppert vom bayerischen Ableger der Dehoga: Entscheidend sei nun der Herbst, in dem Außenplätze wegfielen. "Eine wirkungsvolle Maßnahme, die Saison der Außengastronomie zu verlängern, wäre es daher, die momentan vielerorts verbotenen Heizpilze in diesem Ausnahmejahr zu erlauben", so Geppert.

Das Problem ist, dass Heizpilze große Mengen an Kohlendioxid ausstoßen. Nach Angaben des Umweltbundesamts verursacht ein Heizpilz bei acht Stunden Betrieb 26 Kilogramm an CO₂-Emissionen: Dieselbe Menge entsteht, wenn man mit einem Benzinauto 145 Kilometer fährt.

Ob Heizpilze erlaubt sind, entscheidet jede Stadt und jede Kommune selbst. In Freising sind sie aus ökologischen Gründen derzeit verboten. Ob man diese Regelung wegen der Corona-Krise ändere, das stehe momentan nicht zur Diskussion, berichtet der Hauptamtsleiter der Stadt Rupert Widmann: Weder stehe das Thema auf der Tagesordnung für eine der kommenden Stadtratssitzungen, noch sei etwa von Gastronomen ein entsprechender Antrag eingegangen. Wenn es dazu komme, werde das Thema politisch entschieden, so Widmann - dazu würde man die Meinung von Umwelt- und Ordnungsamt der Stadt sowie vom Gesundheitsamt des Landkreises einholen.

"In Zeiten des Klimawandels das völlig falsche Signal"

Beim Bund Naturschutz Freising hat man eine klare Meinung dazu, ob man Heizpilze in und wegen der Corona-Krise erlauben sollte. "In Zeiten des Klimawandels ist es das völlig falsche Signal", betont der Vorsitzende Wolfgang Willner. Während in Kalifornien die Wälder brennen und man überall überlege, wie man CO2 einsparen könne, sei ein solcher Schritt nicht vermittelbar. "Es ist zwar völlig nachvollziehbar, dass Gaststätten versuchen, ihre Umsatzverluste aufzufangen", so Willner - allerdings müsse man sich dafür andere Möglichkeiten überlegen: Spezielle Filter und Lüftungsanlagen in Innenräumen mit staatlicher Unterstützung etwa - oder die Gäste zögen sich eben einfach warm an.

Die Frage ist, ob die Freisinger Wirte überhaupt Heizpilze aufstellen wollen. Auch, wenn sie in Freising erlaubt würden: "Wir haben momentan nicht vor, uns welche anzuschaffen", sagt Martina Killermann, Wirtin des Gasthauses Lerner in Freising. Sie sei kein Fan von der Idee, im Freien zu heizen. Stattdessen wolle sie für den Winter über Alternativen nachdenken: Etwa Stehtische zum Glühwein trinken in einer Hütte im Biergarten aufzustellen. Denn auch wenn er sich in Grenzen halte, einen Umsatzverlust müsse man wegen der Corona-Vorgaben, wie dem vorgeschriebenen Mindestabstand zwischen den Tischen, durchaus hinnehmen.

Auch im Furtner will man den Außenbereich im Winter besetzen

Auch im Furtner in Freising ist geplant, den Außenbereich in den kommenden Monaten weiterhin zu nutzen. Wenn jemand ein Bier trinken, aber aus Angst vor Ansteckung nicht nach drinnen wolle, solle es diese Möglichkeit auf jeden Fall geben, sagt Wirtin Franziska Kreuter. Auch für die Traditionskneipe selbst wäre es lukrativ, wenn man durch Sitzplätze im Freien einen Teil des Umsatzverlusts im Innenraum wettmachen könnte. Um es draußen gemütlicher zu gestalten, könne etwa ein Pavillon helfen, glaubt die Wirtin - das sei aber wohl schwer machbar, wenn er auch tagsüber stehen bleiben müsse.

Was dagegen gut umzusetzen sei: "Wir wollen unser Getränkesortiment erweitern", sagt Franziska Kreuter, auch sie denkt über Glühwein nach. Dass sich die Leute dafür entsprechend warm anziehen, dafür will die Wirtin auch selbst Werbung machen. Ein Foto mit Decke und entsprechendem Hinweis habe sie schon gemacht, erzählt sie, demnächst will sie es in den sozialen Medien veröffentlichen. Ob sie sich Heizpilze anschafft, darüber hat sich Franziska Kreuter noch keine konkreten Gedanken gemacht. Sollten sie in Freising erlaubt werden, müsse man erst einmal schauen, ob sich das lohne, sagt sie. Aber eben erst dann: "Man muss sich über genug Gedanken machen im Moment", so Kreuter.

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