Süddeutsche Zeitung

Europawahl 2019:Maria Noichl warnt vor Rechtspopulisten

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Die Europakandidatin der SPD bezeichnet den Urnengang am 26. Mai als eine Schicksalswahl. Denn zum ersten Mal will ein Land aus der Europäischen Union austreten. Sorgen bereitet die Politik von Viktor Orbán in Ungarn.

Von Johannes Schmid, Freising

"Frau Noichl ist eine der besten Rednerinnen der SPD", versicherte der Vorsitzende des Stadtverbandes Markus Grill. Maria Noichl sitzt für die SPD im Europaparlament und "wenn wir bei der kommenden Europawahl bundesweit nicht unter drei Prozent kommen", werde sie das nach der kommenden Wahl wieder tun, so Kreisvorsitzender Andreas Mehltreter.

Noichl hatte sich für ihre vierte Wahlveranstaltung an diesem Tag brisante Themen herausgesucht: Was muss sich an der europäischen Klima-, Umwelt- und Agrarpolitik ändern und was muss man dafür tun? Aber auch aktuellere Problematiken, wie den Brexit oder die Situation mit Ungarn, konkret mit dem Regime Orbán, sprach sie an. "Die neunte Europawahl ist eine Schicksalswahl", sagte Maria Noichl, "denn zum ersten Mal seit 70 Jahren will ein Land die EU verlassen. Die Briten wollen sich von uns scheiden lassen."

Dabei falle ein wichtiger gleichgesinnter Partner von Deutschland im Europaparlament weg, wie Noichl ausführte: "So messen zum Beispiel die Westländer dem Tierschutz eine höhere Bedeutung bei als die Ostländer. "Und Großbritannien gehört zu unserer Stimmgruppe." Ein zweiter Aspekt, was die kommende Wahl zur Schicksalswahl macht, ist die derzeitige Situation mit Ungarn. "Seit 70 Jahren wurde zum ersten Mal ein Land abgemahnt", sagte Noichl, "erstmalig hat die EU eine rote Karte verteilt." Orbán benutze europäische Gelder für seine Zwecke, "er geht unseren Werten fremd", stellte Maria Noichl fest. Orbán mache nur Politik für die weiße Mittelschicht. So würden Sinti- und Romafrauen ohne ihr Wissen bei Geburten zwangssterilisiert, während Ehepaare bei ihrer Heirat Geld vom Staat bekommen. "Allerdings steht im Kleingedruckten, dass man in zehn Jahren drei Kinder in die Welt setzen muss", so Noichl. Und nur durch die Unterstützung von anderen rechtsgerichteten Ländern wie Polen, Italien und Österreich habe der EU-Rat die Abmahnung durch das Parlament nicht ratifizieren können.

"Es handelt sich um einen Flächenbrand der europäischen Rechten", bilanziert Noichl. Europa sei von innen eine Baustelle, von außen aber ein Sehnsuchtsort, erzählte Maria Noichl: "Ich bin oft in Afrika, da kommen dann die Leute auf uns zu. Viele würde gerne in der EU leben. Man darf den Blick von außerhalb nicht verlieren." Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Agrarpolitik, wie Noichl am Beispiel von Glyphosat erläuterte: "Die einzigen Forschungen zu den Gefahren von Glyphosat kommen aus Laboren von Monsanto. Dabei wird die Cocktailwirkung mit anderen Stoffen gar nicht berücksichtigt." Was aber unbedingt getan werden müsse, betonte Noichl. Cocktailwirkung bezeichnet die Wirkung der Mischung aus mehreren Stoffen. Die Pharmakonzerne hätten die Politik hier überholt, die Politik müsse wieder gleichziehen: "Wir haben für mehrere tausend Euro einen Plagiatsprüfer beauftragt", dieser habe herausgefunden, dass die Bewertung des Bundesamtes für Risikobewertung, das die Gefahren durch Glyphosat für ganz Europa erörtern sollte, "den Genehmigungsantrag von Monsanto an manchen Stellen eins zu eins so übernommen haben, ohne Monsanto als Quelle anzugeben". Das habe nichts mit der Solidargemeinschaft zu tun, die Europa eigentlich sein sollte.

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SZ vom 16.05.2019
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