Süddeutsche Zeitung

Entscheidung:Camera-Kino wird abgerissen

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Freisinger Stadträte geben Widerstand gegen geplantes Wohnhaus auf

Von Kerstin Vogel

Dass der Beschluss rechtlich nicht ganz einwandfrei war, das war den Mitgliedern des Freisinger Bauausschusses Ende Februar schon klar gewesen. Trotzdem hatten Grüne und Freie Wähler damals gegen den geplanten Abriss des Camera-Kinos an der Stieglbräugasse gestimmt. Die Grünen, um ein politisches Zeichen für den Erhalt eines Kinos in der Innenstadt zu setzen, die Freien Wähler eher, weil sie nicht so ohne weiteres auf das alte Gebäude verzichten wollten. Immerhin stammt das ehemalige Rückgebäude der früheren Gaststätte "Deutscher Kaiser" aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und ist Bestandteil des Innenstadtensembles.

Wie im Februar bekannt geworden war, möchte die Eigentümerin des Gebäudes, Iris Kramer, das Haus abreißen und durch ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage ersetzen. Die Familie Fläxl, die das Kino zuletzt fast 40 Jahre betrieben hat, wehrt sich nicht, weil das alte Lichtspielhaus seit Jahren ein Zuschussbetrieb ist - und am Mittwoch haben nun auch die Kritiker im Bauausschuss ihren Widerstand aufgegeben. Zwar hatte auch das Landesamt für Denkmalpflege den Abbruch des alten Gebäudes ebenso wie den Neubau abgelehnt. Die Stadtverwaltung bewertete jedoch die wirtschaftlichen Interessen der Bauherrin am Ende höher. Kramer hatte unter anderem ein Gutachten vorgelegt, nach dem die Sanierung des ursprünglich als Stallung errichteten Gebäudes mehr als vier Millionen Euro kosten würde. Jürgen Maguhn (Grüne) zweifelte diese Schätzung zwar an. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher erklärte jedoch, dass die Verwaltung die Plausibilität geprüft habe und das Gutachten für nachvollziehbar halte.

Dreieinhalb Geschosse mit Satteldach will Kramer anstelle des Camera-Kinos bauen, damit würde das neue Wohnhaus zwei Meter höher als der Bestand. Trotzdem ist das Vorhaben baurechtlich genehmigungsfähig, weshalb der Ausschuss am Ende Abris und Neubau mehrheitlich zustimmte - nicht ohne vorher allerdings seiner Verärgerung über ein Schreiben von Kramers Anwalt Ausdruck verliehen zu haben. Dieses sei "vom Ton her nicht in Ordnung" gewesen, kritisierte Eva Bönig (Grüne) und auch Johanna Hiergeist (FW) zeigte sich empört über das Schriftstück, in dem der Stadt am Ende sogar mit einer Klage gedroht wird. Birgit Großkopf (SPD) aber wiegelte ab: "Ein Anwalt schreibt nicht, um einen Beliebtheitswettbewerb zu gewinnen."

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SZ vom 07.06.2013
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