Süddeutsche Zeitung

Beginn der Froschwanderung:Einsatz für Amphibien

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Bald setzt wieder die jährliche Massenwanderung von Erdkröten und Grasfröschen zu ihren Laichgewässern ein. Viele bleiben dabei auf der Strecke, zerquetscht von Autoreifen. Naturschützer wollen das verhindern.

Von Petra Schnirch, Freising

Die ersten Amphibien sind schon unterwegs. In den kommenden Tagen, sobald es etwas wärmer wird, dürfte die jährliche Massenwanderung von Erdkröten und Grasfröschen zu ihren Laichgewässern einsetzen. Viele werden dabei wieder auf der Strecke bleiben, zerquetscht von Autoreifen. Auch im Landkreis bemühen sich Naturschützer, hier gegenzusteuern. Das sei jedoch eine "Sisyphosarbeit", sagt Jörg Steiner, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Sichtbarste Maßnahme sind Krötenzäune entlang der Straßen. Für Manfred Drobny, Geschäftsführer des Bunds Naturschutz (BN) in Freising, ist das aber "immer nur ein Notbehelf".

Der Schutz der wandernden Amphibien ist generell schwierig. Die betroffenen Strecken sind zum Teil sehr lang. Feste Querungshilfen müssen regelmäßig überprüft werden, für provisorische braucht es freiwillige Helfer, die dann wochenlang Tag für Tag Eimer mit Kröten, Fröschen und Molchen leeren. Im Landkreis werden in diesem Jahr drei Krötenzäune angebracht. Bei Schernbuch, an der Straße von Aiterbach nach Paunzhausen, kümmern sich mehrere Anwohner um die Kübel. Sie hatten zuvor auch gemeldet, dass an der Autobahnunterführung viele Amphibien überfahren werden. Zwei Freiwillige betreuen die mobile Schutzeinrichtung zwischen Bachenhausen und Kammerberg. Sie könnten noch Unterstützung gebrauchen, sagt Steiner. Etwa 1000 Amphibien landen dort pro Jahr in den Eimern der Helfer. Bei Oberhummel an der Isarquerung gibt es für die Tiere einen Tunnel. Bevor die Wanderzeit beginnt, werden dort ebenfalls mobile Wände angebracht.

Die kleinen "Hüpflinge" werden trotz der Zäune überfahren

Diese Leitplanken für Amphibien sind dennoch nur ein kleiner Beitrag zum Erhalt der Populationen. Sie bleiben zwar bis zu acht Wochen stehen, was den Freiwilligen enormes Engagement abverlangt. Die Jungtiere, die von Juni an zurückwandern, werden damit nicht erfasst. Diese winzigen "Hüpflinge" würden zum Teil massenweise überfahren, ohne dass es jemand bemerkt, erklärt Steiner.

Bei Schernbuch soll nach einem Ortstermin von Naturschutzbehörde und BN nun eine dauerhafte Lösung geschaffen werden. Ein neuangelegter Tümpel soll dazu beitragen, dass künftig weniger Kröten über die Straße wandern. Der Förderantrag ist gestellt. Bei Au sind zwei weitere kleine Gewässer geplant.

Es lgibt jedoch noch ganz andere Gefahrenstellen, an die zunächst keiner denkt: Im Oberdieckgarten am Weihenstephaner Berg beispielsweise wird ein Bassin mit überkragendem Rand für laichende Tiere zur Falle. Hinein kommen die Amphibien noch, aber nicht mehr heraus. Mit Brettern und Keschern versuchen die Naturschützer, möglichst viele von ihnen zu retten. Eine dauerhafte Lösung wird laut Steiner noch in Absprache mit der TU München gesucht. Auch Schwimmteiche in Privatgärten können Kröten zum Verhängnis werden. Steiner empfiehlt, wachsam zu sein und Ausstiegshilfen anzubringen. Massenwanderungen an Straßen sollten der Behörde gemeldet werden.

Drobny fordert dauerhafte Einrichtungen, etwa Tunnel

Drobny hält generelle Maßnahmen zum Artenschutz, wie auch bei Insekten, für erforderlich. Zählungen im Nachbarlandkreis Erding hätten ergeben, dass selbst dort, wo mobile Zäune vorhanden sind, die Bestände bei fast allen Amphibienarten zurückgehen. Drobny fordert mehr dauerhafte Schutzeinrichtungen wie Tunnel, die regelmäßig kontrolliert werden, und die sich auch für andere Kleintiere wie Igel eignen. Außerdem bräuchte es nach seinen Worten ein umfangreiches Monitoring. Ein Großteil der Zahlen sei bereits veraltet. Darüber hinaus seien Änderungen bei der Landnutzung insgesamt notwendig. Als Beispiele nennt er Gewässerschutzstreifen und den Verzicht auf Spritzmittel. Erdkröten seien aufgrund ihrer grobporigen Haut sehr empfindlich. Wenn dann noch viel befahrene Straßen den Weg in die Laichgebiete kreuzen, sei das der "Sargnagel" für die Amphibien.

Sind Kröten auf den Straßen unterwegs, bittet Drobny die Autofahrer, langsam zu fahren - um die freiwilligen Helfer nicht zu gefährden, aber auch zum Schutz der Tiere. Es nütze auch nichts, wenn sie zwischen die Reifen genommen würden, erklärt er. Durch den Unterdruck schleuderten sie gegen den Unterboden. Besonders viele Kröte und Frösche sind in der ersten Nachthälfte bei Temperaturen um die fünf bis zehn Grad unterwegs. Ein Problem: Auf der Straße richten sich die Kröten-Männchen oft auf, um nach Weibchen Ausschau zu halten, weil sie dort einen guten Überblick haben - bis ein Auto kommt. "Das ist fatal", sagt Drobny. Vor selbsttätigen Kröten-Rettungsversuchen auf Landstraßen warnt der ADAC dennoch regelmäßig. In der Dunkelheit könnte dies für die Helfer lebensgefährlich sein.

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