Süddeutsche Zeitung

Gastronomie in Freising:"Wir bringen den Urlaub vor die Haustür"

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Im historischen Ambiente des Bayerischen Hofs, dessen Restaurant jetzt Korbinianswirt heißt, setzen Azhar Pervaiz und sein Bruder Qasim trotz ihrer pakistanischen Wurzeln vor allem auf Südtiroler Gerichte. Bei der Zubereitung von Schlutzkrapfen, Speckknödel oder Gröstl haben sie viel Erfahrung.

Von Petra Schnirch, Freising

Wenn eine Familie mit pakistanischen Wurzeln in Freising ein Lokal eröffnet, denkt man zunächst nicht unbedingt an Südtiroler Küche. Kennt man den Lebenslauf von Küchenchef Azhar Pervaiz, verwundert es dagegen nicht, dass sein Bruder Qasim und er vor allem Gerichte aus der Alpenküche auf die Speisekarte setzen. Azhar Pervaiz kochte mehr als 25 Jahre lang in Hotel- und Restaurantküchen Südtirols und arbeitete sich von der Küchenhilfe zum Chefkoch hoch. Anfang März hat die Familie das Restaurant im Bayerischen Hof übernommen, das jetzt offiziell Korbinianswirt heißt oder auch Südtiroler Stubn.

Für den Gastro-Bereich des traditionsreichen Hauses in der Freisinger Innenstadt waren die vergangenen Jahre auch als Folge der Pandemie schwierig. Anfang 2023 war das Restaurant geschlossen, eine Wiederbelebung des Mittagstisches durch das Küchenteam des Kardinal-Döpfner-Hauses im Frühjahr währte nur wenige Monate, Ende Juli war das Gasthaus schon wieder zu. Ende 2023 betraute Inhaber Marc Sielhöfer die Freisinger Werbeagentur Kasper Communications mit der Kampagne "Wirt gesucht - Der Korbinianswirt" - die hatte schon zwei ähnliche Aktionen für die Suche nach zwei Ärzten in Langenbach und Hohenkammer entwickelt. Dann ging alles sehr schnell. Familie Pervaiz überzeugte mit ihrem Konzept und setzte sich gegen 14 Konkurrenten durch. Rechtzeitig zu Beginn des Jubiläumsjahrs "1300 Jahre Korbinian in Freising" ist das Traditionslokal in der Freisinger Innenstadt also wieder geöffnet.

Auf der Karte stehen typisch Südtiroler Gerichte wie Schlutzkrapfen, Speckknödelsuppe, Hirtenmaccheroni, Passeirer Bauerngröstl, Zwiebelrostbraten oder Nocken-Tris, eines der Lieblingsgerichte von Azhar Pervaiz in der Alpenküche. Außerdem gibt es Wiener Schnitzel und Käsespätzle sowie eine Wochenkarte und wechselnde Mittagsgerichte. Mit einem Hähnchenspieß auf pakistanische Art vergessen die beiden Köche aber auch ihre Wurzeln nicht. Möglicherweise wird dieses Angebot noch ausgeweitet. Von mehreren Seiten sei dieser Wunsch bereits an sie herangetragen worden, sagt Sohn Yahya Pervaiz.

Sein Vater Azhar, 53, hatte seine Heimat Pakistan 1990 verlassen. Nach kurzen Stationen in der Schweiz und in Süditalien kam er nach Südtirol und arbeitete in verschiedenen Hotels und Restaurants, unter anderem im Vinschgau und in Dorf Tirol. "In Südtirol war es letztlich am schönsten", sagt Yahya Pervaiz, der mit seinen Geschwistern dort aufgewachsen ist. Noch immer fahren sie mehrere Male im Jahr dorthin, um Verwandte zu besuchen.

Zuletzt war Azhar Pervaiz dort fünf Jahre lang im Sandwirt im Passeiertal als Küchenchef tätig. Ein traditionsreiches Wirtshaus und ein historischer Ort, der vielen ein Begriff ist, weil dort 1767 der als Freiheitskämpfer gefeierte Andreas Hofer geboren wurde. Der Abschied von Südtirol sei ihm nicht leicht gefallen. Die Wirtsleute dort fragten ihn immer noch, ob er nicht zurückkommen wolle. Die Südtiroler Küche sei seine Leidenschaft. "Wir bringen den Urlaub vor die Haustür", sagt Azhar Pervaiz und lacht. Die getäfelte Wirtsstube im Bayerischen Hof passe gut dazu, die Küche sei gut ausgestattet. "Das ist eine einmalige Gelegenheit."

2017 zog die Familie von Südtirol in den Landkreis Freising, weil Yahya Pervaiz in Deutschland studieren wollte und auch sein Bruder bessere Berufsaussichten sah. Eltern und die drei Kinder wagten den Sprung ins kalte Wasser und eröffneten in Moosburg die "Südtiroler Stube". 2020, während der Pandemie, mussten sie das Lokal wieder aufgeben.

Im Urlaub in Pakistan ist die Idee gereift

Obwohl er als Webentwickler seit vier Jahren bei Kasper Communications arbeitet, habe er zunächst gar nicht an seine eigene Familie gedacht, als die Kampagne "Wirt gesucht" startete, erzählt Yahya Pervaiz. Im Urlaub in Pakistan sei Anfang des Jahres dann die Idee gereift. Er habe sich immer schon selbständig machen wollen, sagt sein Vater. Das eingereichte Konzept kam gut an. Mutter Salma und die drei Kinder unterstützen die beiden Köche. Allerdings wird noch Personal gesucht, vor allem für den Service. Im Lokal stehen etwa 80 Plätze zur Verfügung, im Sommer sind es mit Innenhof und Bestuhlung vor dem Gebäude insgesamt sogar etwa 200.

Und was kommt bei der Familie privat auf den Tisch? Das sei ganz gemischt, sagt Yahya Pervaiz. Seine Mutter koche exzellent pakistanisch, sein Bruder esse sehr gern italienisch.

Geöffnet ist der Korbinianswirt Dienstag bis Samstag von 11.30 bis 15 Uhr sowie von 17.30 bis 22 Uhr. Noch nicht entschieden ist, ob das Lokal im Sommer durchgehend offen bleibt. Sonntag und Montag sind Ruhetage. Weitere Informationen auf der Website www.korbinianswirt.de

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