Süddeutsche Zeitung

150 Zeichnungen, Grafiken und Gemälde:"Überlebenskunst"

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Aus Anlass der 1250-Jahr-Feier der Stadt Moosburg soll eine Sammlung bisher nicht öffentlich gezeigter Werke von Künstlern präsentiert werden, die im Stalag oder im späteren US-Internierungslager an gleicher Stelle inhaftiert waren

Von Alexander Kappen, Moosburg

Die Aufarbeitung der Geschichte des früheren Kriegsgefangenenlagers Stalag VII A und die Entwicklung einer Erinnerungskultur sind in Moosburg in den vergangenen Jahren deutlich in Schwung gekommen. Neben Buchveröffentlichungen, Filmprojekten, Vorträgen und Gedenkveranstaltungen steht dabei auch die Kunst immer wieder im Fokus. Neuestes Projekt ist die geplante Ausstellung "Überlebenskunst", in der anlässlich der 1250-Jahr-Feier der Stadt eine Sammlung bisher noch nicht öffentlich gezeigter Werke von Künstlern präsentiert werden sollen, die im Stalag oder im späteren US-Internierungslager an selber Stelle inhaftiert waren.

Ob das Ganze im kommenden Jahr nun als Ausstellungszyklus mit vier Terminen organisiert wird, wie von der Projektgruppe unter Federführung des Stalag-Vereins beantragt, ist jedoch noch nicht geklärt. Im Raum steht nämlich auch ein Vorschlag, der laut Bürgermeister Josef Dollinger (FW) im Arbeitskreis für das Stadtjubiläum präferiert wurde. "Dort ist man der Meinung gewesen, dass eine einzelne Ausstellung zur Herbstschauzeit unter Federführung des Stadtarchivs besser ist vier Ausstellungen." Was die Kosten laut Verwaltung wohl von 15 000 auf 8000 Euro drücken würde. In der jüngsten Sitzung des Moosburger Stadtrats wollte die Mehrheit sich noch nicht festlegen. Das Gremium beschloss mit 16:8 Stimmen, das Thema auf die Haushaltsberatungen zu verschieben und dort erneut zu diskutieren.

Die rund 150 Zeichnungen, Grafiken und Gemälde, die in der Ausstellung gezeigt werden sollen, waren laut Antrag der Projektgruppe Jahre lang verschollen und sind schließlich von Stadtarchivar Wilhem Ellböck "gesichert, aufbereitet und im Stadtarchiv archiviert worden". Ellböck gehört dem Projektteam ebenso an wie Künstler Wolfdietrich Hoeveler, die Kunsthistorikerin Christine Fößmeier und der Stalagverein, dessen Zweiter Vorsitzender Karl Rausch die Leitung übernimmt. Geplant sind laut Antrag vier thematisch untergliederte Ausstellung in der Volkshochschule im April ("Hinter'm Stacheldraht - Alltag im Stalag VII A"), Mai ("Traum und Trauma - Hoffnung und Leid im Stalag VII A"), Juni ("Die Gezeichneten - Gesichter des Lagers") und Oktober 2022 ("Unter Verdacht - Automatic arrest im Internierungslager Nr. 6").

Eine einzelne Ausstellung, die nach Vorstellung des Bürgermeisters in der Stadthalle stattfinden würde, käme laut Sitzungsvorlage der Verwaltung mit rund der Hälfte der Kosten aus. Hier würde man kurze schriftliche Erklärungen an den Bildern anbringen statt extra einen begleitenden Katalog zu erstellen, wie ihn die Projektgruppe im Sinn hat. Allein dieser würde, wie aus dem Antrag hervorgeht, 8000 Euro kosten, bestehend aus 4000 Euro Honorar für einen Grafiker und 4000 Euro Honorar für Kunsthistorikerin Fößmeier, die Inhalt, Gestaltung und wissenschaftliche Recherche übernehmen würde.

CSU-Sprecher Rudolf Heinz hielt eine Vertagung für sinnvoll, "um einen Kompromiss zu erarbeiten". Er stellte zudem die Frage, "ob die Herbstschau für diese Ausstellung der richtige Zeitpunkt ist". Das sah auch Johannes Becher (Grüne) so. Erbezeichnete die Ausstellung als "äußerst interessant: 150 Kunstwerke von Gefangenen aus dem Stalag - ich wüsste nicht, dass andere so was haben". Vier Termine seien bei der Vielzahl der Exponate angemessen meinte er ebenso wie Gerd Beubl (SPD), der sagte: "Ehrenamtliche geben sich da ganz viel Mühe, und die Themen sind so vielschichtig, dass es verdient ist, das in vier Ausstellungen zu präsentieren." Martin Pschorr (SPD) betonte, "dass nicht alle das ehrenamtlich machen, viele, aber nicht alle". Und vier Veranstaltungen nähmen beim Stadtjubiläum eben auch einen Etat weg, der an anderer Stelle dann fehle.

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SZ vom 14.10.2021
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