Süddeutsche Zeitung

Freimann:Große Schönheitsoperation

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Lange Zeit hatte die Freisinger Landstraße eine ziemlich hässliche Ausstrahlung. Das wird sich ändern. Auf dem Areal des ehemaligen Floriansmühlbads entsteht ein Wohnquartier. Und damit ist die Entwicklung wohl noch nicht beendet

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Gäbe es ein Ranking der unattraktiven Straßen Münchens, der Freisinger Landstraße in Freimann wäre ein vorderer Platz sicher. Die Nordtangente nach Garching ist eine einförmige Ausfallstraße, die seit den Dreißigerjahren eine unwirtliche Schneise schlägt durch die Gartenstadt-Struktur Freimanns. Jetzt kündigt sich ein Wandel dieses ungemütlichen Straßenabschnitts an: Ein urbanes Wohnquartier soll auf dem 4,4 Hektar großen, verwaisten Areal des ehemaligen Floriansmühlbades entstehen. "Das Gesicht der Straße wird sich deutlich ändern", sagt die Baudirektorin beim städtischen Planungsreferat, Sabine Steger. Sie spricht von einer "Transformation" dieses Teils der Stadt.

Sie steht im Foyer der Planungsbehörde an der Blumenstraße, inmitten von gut zwei Dutzend Gästen, die an der Präsentation des Architekten-Siegerentwurfs für das Wohnbau-Projekt teilhaben. Dabei wird bekannt, dass die "Transformation" nach der Vorstellung der Behörde nun doch größer ausfallen soll, als auf den Plänen sichtbar ist. "Unser Ziel ist es, den Bebauungsplanumgriff nach Norden auszuweiten", sagt Steger. Ihre Behörde erarbeite ein "Strukturkonzept", welches dem Stadtrat nach der Sommerpause vorgelegt werden soll. Die Entwürfe für das Floriansmühlbad-Gelände sollen - vorausgesetzt, der Stadtrat stimmt zu - also nur der erste Baustein für ein noch größeres Baugebiet sein.

Die behördlichen Planer haben dabei ein besonders Augenmerk auf das Gebiet. Das Grundstück reicht in das Landschaftsschutzgebiet der Isarauen hinein; die Biotopflächen des Garchinger Mühlbachs durchziehen das Planungsgebiet. Der Bauherr, die Bayerische Hausbau, hat vor, zwischen Freisinger Landstraße, Floriansmühl- und Sondermeierstraße 350 Wohnungen in elf Baukörpern zu errichten. Zehn international tätige Architekturbüros nahmen am Wettbewerb teil, aus dem das Münchner Büro "Zillerplus Architekten und Stadtplaner" sowie "Grabner Huber Lipp Landschaftsarchitekten und Stadtplaner" aus Freising als Sieger hervorgingen.

Ihr Entwurf wird bei der Präsentation geradezu hymnisch gelobt. Der Vorsitzende des Preisgerichts, Architekt Franz Pesch, nennt ihn einen "echten Geniestreich", der geeignet sei, "neue Maßstäbe im Umgang mit einer Lärmschutzsituation zu setzen". Es sind vor allem zwei Aspekte, die das Wohlwollen der Jury finden: Das Team um Architekt Michael Ziller will keinen geschlossenen Riegel an die Freisinger Landstraße platzieren, sondern versetzte, frei stehende Häuser, die durch die Anordnung kleine Höfe bilden. Trotz einer offenen Bauweise bleibe der "Schalleintrag" - also der Lärm von der Freisinger Landstraße - ins Innere des Quartiers gering, heißt es im Kommentar des Preisgerichts.

Der zweite Pluspunkt für die Jury: Die Gebäude schmiegen sich an die Biotopflächen östlich des Garchinger Mühlbachs an; die bisher abgeriegelte Grünfläche soll mit mehreren Brückenbauwerken wieder öffentlich zugänglich werden. Die genaue Gestaltung dieses Parks ist noch nicht geklärt. Dem Vernehmen nach gibt es schon einige "Gedankenspiele", etwa ein kleiner See, der durch den Mühlbach gespeist wird. "Die Freisinger Landstraße wird an dieser Stelle eine Adresse", schwärmt Jury-Vorsitzender Pesch. Allein, wohl nicht nur an dieser Stelle, wie an dem Abend deutlich wird: Das Planungsreferat arbeitet daran, einem dringenden Appell von Bürgerschaft, Bezirkssauschuss und den nördlichen Nachbarn Folge zu leisten - den Bebauungsplan nach Norden noch einmal um gut vier Hektar zu erweitern. Dort erstreckt sich das Areal des TS Jahn, größtenteils mit einer Golf-Anlage belegt. Doch die läuft defizitär; der Verein würde das Segment gerne verkaufen und für den Erlös im Nordteil eine dringend benötigte Sporthalle errichten.

Der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann war zuletzt ziemlich sauer, dass entsprechende Anträge aus Bürgerversammlung und Bürgergremium verhallten. Der Stadtrat entschied, erst eine "Strukturuntersuchung" anzustellen, vor allem was den Naturschutz anbelangt. So wurde nur ein Wettbewerb für die kleine Lösung durchgeführt. "Wir sind jetzt guter Hoffnung, dass es doch etwas wird", sagt TS-Jahn-Vorstandsmitglied Werner Gawlik.

Die Bayerische Hausbau als Investor steht dafür bereit. "Wir sind sehr offen dafür und an einer Gesamtlösung interessiert", sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung, Jürgen Büllesbach. Die Wohnungsbaugesellschaft wäre dann eine Art Exklusiv-Transformierer der Freisinger Landstraße: Auf Höhe der Josef-Wirth-Straße hat das Unternehmen bereits das Wohngebiet "Am Mühlbach" realisiert.

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SZ vom 31.07.2017
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