Süddeutsche Zeitung

Flughafen München:Neuer Bürgerentscheid zur dritten Startbahn wäre fragwürdig

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Es gibt Bauprojekte, über die Bürger problemlos abstimmen können. Beim Ausbau des Münchner Flughafens ist das nicht der Fall.

Kommentar von Frank Müller

Es gibt Bauprojekte, über die Bürger problemlos abstimmen können: Ob München Hochhäuser will oder nicht, ist so eine Frage. Der jetzt gestorbene Alt-OB Georg Kronawitter hatte ein Bürgerbegehren dazu angestoßen, die Mehrheit entschied. Das Ergebnis muss einem nicht gefallen, aber es hatte fraglos befriedende Wirkung.

Bei der dritten Flughafen-Startbahn ist ein Plebiszit dagegen sehr fragwürdig. Das liegt vor allem daran, dass es praktisch unmöglich ist, einen sinnvollen geschlossenen Kreis Betroffener und Abstimmungsberechtigter zu definieren. Beim Bürgerentscheid von 2012 durften nur die Münchner an die Urne. Sie stoppten ein Projekt, das weit außerhalb der Stadt liegt. Die Münchner durften das, weil der Stadt Anteile an der Flughafengesellschaft gehören. Das war ein ebenso eleganter wie politisch fragwürdiger Trick der Flughafengegner.

Soll man dieses Verfahren nun ernsthaft wiederholen? Es würde wieder nur das Meinungsbild eines kleinen Teils der Betroffenen abgefragt. Der Rest Bayerns, dem der Flughafen über die Beteiligung des Freistaats ebenso gehört, bliebe ausgeschlossen - so wie auch die Anlieger. Dazu kommt, dass die Wiederholung einer Abstimmung grundsätzlich ein schiefes Licht auf das Verfahren wirft: Soll das Volk so lange befragt werden, bis das Ergebnis stimmt?

Ministerpräsident Seehofer hat eigentlich genau wegen der Flughafendebatte ein neues Instrument einführen lassen: die Volksbefragung. Bei ihr sollen die Bayern landesweit über Projekte abstimmen dürfen, nicht im rechtlichen Sinne verbindlich, aber im politischen sehr wohl. Doch auch sie würde im Fall Startbahn eine merkwürdige Schieflage erzeugen: Sollen wirklich Coburg und Aschaffenburg über die Zerstörung eines Teils von Attaching abstimmen?

Für solch schwierige Fragen haben wir Politiker gewählt. Wenn die sich, wie im Fall der CSU, nicht einig sind, ist das ihr Problem. Aber der Bürger ist nicht dazu da, CSU-internen Streit zu schlichten.

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Quelle:
SZ vom 02.05.2016
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