Süddeutsche Zeitung

Stadthaushalt:München nimmt mehr Geld ein als jede andere Kommune Deutschlands

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Von Dominik Hutter

Unken ist Teil des Standardrepertoires, wenn man den Beruf des Kämmerers ausübt. Und so warnt Münchens Finanzchef Christoph Frey schon einmal vor schlechteren Zeiten: Angesichts der "düsteren Konjunkturprognosen" sei es fraglich, "ob die Steuereinnahmen in unserer Stadt weiterhin so erfreulich sprudeln werden" - gerade erst hat die Bundesregierung die Wachstumsprognose von 1,0 auf 0,8 Prozent gesenkt. "Ein maßvoller Umgang mit den nicht unerschöpflichen finanziellen Ressourcen ist also auch weiterhin unabdingbar." Der Investitionsbedarf in München sei riesig.

Das war es dann aber auch schon mit der Schwarzmalerei. Was Frey über die aktuelle Finanzsituation verkünden kann, ist für pessimistisches Wehklagen komplett ungeeignet. München, ohnehin nicht das Lumpenkind unter Deutschlands Kommunen, hat im Jahr 2018 schon wieder einen Gewerbesteuerrekord eingefahren: 2,7 Milliarden Euro, und damit knapp 16 Prozent mehr als 2017. Die Zahlen, die Frey am kommenden Dienstag dem Finanzausschuss des Stadtrats präsentieren will, sind noch nicht abschließend. Allzu große Änderungen aber dürfte es nicht mehr geben. "Die wesentlichen Entwicklungen im städtischen Haushalt lassen sich hier bereits gut ablesen", versichert Frey. In der Rechnung fehlten nur noch einige ausstehende Jahresabschlussbuchungen.

4,5 Milliarden Euro hat München 2018 über Steuern eingenommen - neben der Gewerbesteuer geht es um Posten wie die Grundsteuer oder den kommunalen Anteil an der Einkommensteuer. Sie tragen gemeinsam mit den Einnahmen durch Gebühren oder Ausgleichszahlungen von Bund und Freistaat zum Posten der Gesamteinzahlungen bei, der 7,3 Milliarden Euro beträgt. Zum Vergleich: In der nächstkleineren Kommune Deutschlands, der Millionenstadt Köln, rechnet man für 2019 mit Einnahmen von 4,7 Milliarden. In Nürnberg liegt diese Summe bei etwa zwei Milliarden.

Die Münchner Verwaltung hat sich Freys Vorgabe über den maßvollen Umgebung mit Geld offenbar schon zu eigen gemacht. Denn von den 7,3 Milliarden haben die städtischen Referate 2018 nur 6,3 Milliarden ausgegeben. Was einem Plus von einer stolzen Milliarde entspricht. Dieser "Überschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit", wie der Posten im Behörden-Deutsch heißt, liegt um 80 Prozent höher als noch 2017. Damals betrug er 557 Millionen Euro. Dieses Geld kann die Stadt gut gebrauchen.

Denn unter anderem aus diesem Plus im Haushalt müssen die Investitionen bestritten werden. Die lagen um 385 Millionen höher als im Jahr 2017 und betrugen fast 1,26 Milliarden Euro. In dieser Summe sind allerdings auch einige Finanz-Transfers enthalten, es geht bei diesem Posten also nicht nur um Straßen, Schulen und Kanäle. So erhalten die Stadtwerke Teile des an die Stadtkasse ausgeschütteten Gewinns wieder zurück, 215 Millionen Euro waren das im Jahr 2018. Zudem hat die Kämmerei der städtischen Wohnungsgesellschaft Gewofag eine Kapitalerhöhung von 50 Millionen Euro gegönnt.

Der Schuldenstand sinkt ständig

Bei vielen Kommunen wird der Posten der Investitionen zumindest teilweise über Kredite finanziert. Das ist in München schon lange nicht mehr der Fall. Der Schuldenstand sinkt ständig, zum Jahreswechsel betrug er "nur" noch 679 Millionen Euro. Niedriger lag er zuletzt 1981. Den Negativ-Rekord erreichte München im Jahr 2005, als die Stadt mit 3,4 Milliarden in der Kreide stand. Seitdem hat die Kämmerei rund 80 Prozent der Kredite zurückbezahlt. Pro Kopf gerechnet, beträgt die Verschuldung 440 Euro. Das ist der niedrigste Stand seit 1980.

Der Haushalt für 2019 ist bereits vom Stadtrat verabschiedet. Er sieht Ausgaben von 6,8 Milliarden Euro und Einnahmen von 7,2 Milliarden Euro vor. Falls das so klappt wie geplant, würde es erneut ein Plus im Haushalt der Verwaltung geben. Für Investitionen sind 1,47 Milliarden Euro kalkuliert. Frey sagt voraus, dass es auf längere Sicht ohne einen Griff in die (erklecklichen) Finanzreserven sowie eine Neuverschuldung nicht mehr geht. Wann das eintrifft, ist allerdings unklar. Schon Freys Vorgänger als Kämmerer, Ernst Wolowicz, hatte seit Jahren ähnliche Voraussagen gemacht.

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SZ vom 18.03.2019
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