Süddeutsche Zeitung

Fehler bei der Nebenkostenabrechnung:Die Pannen der Patrizia

Lesezeit: 3 min

Der Immobilienkonzern Patrizia verlangt in einem Neubaugebiet in München enorme Nebenkosten-Nachzahlungen. Doch die Mieter wehren sich: Als sie die offenbar falschen Rechnungen reklamieren, räumt der Konzern Fehler ein - nicht zum ersten Mal.

Von Bernd Kastner

Je größer das Rad, desto lieber dreht die Patrizia daran, und die Räder werden immer größer. 2012 haben die Augsburger die Immobilientochter der Landesbank Baden-Württemberg gekauft, 2013 haben sie dasselbe in Bayern gemacht und, an der Spitze einer Investorengruppe, der klammen BayernLB die GBW mit ihren 32 000 Wohnungen abgekauft.

Wenn die Patrizia und ihre Partner Geld ausgeben, dann dürfen es gerne Milliarden sein. Manch einer aber, dessen Zuhause gekauft wurde von den Augsburgern, fragt sich, ob die Firma überhaupt das kleine Einmaleins der Immobilienwirtschaft beherrscht, das korrekte Berechnen der Nebenkosten.

Abrechnungen noch schnell verschickt

Die Donnersberger Höfe sind ein Mietkomplex mit 177 Wohnungen, gebaut von der Strabag, bezogen im Frühjahr 2012, übernommen von der Patrizia im Herbst 2012. Die Mietpreise liegen bei rund 15 Euro pro Quadratmeter, die Lage darf man verkehrsgünstig nennen: zwischen Landsberger Straße, Bahntrasse und Donnersbergerbrücke. "Am Puls der Stadt" eben, wie die Anlage beworben wurde. Einen Tag vor Heiligabend lag bei den Mietern in den Briefkästen die Nebenkostenabrechnung für 2012. Die Briefe kamen kurz vor knapp, denn nur bis Ende 2013 durfte ein Vermieter die Nebenkosten für 2012 noch verlangen. Die meisten Mieter staunten über enorme Nachzahlungen, die sie leisten sollen. Und das, obwohl die Anlage mit "niedrigen Energiekosten durch ein nachhaltiges Energiekonzept" angepriesen wurde. Und nun 1000 Euro obendrauf?

Im neuen Jahr taten sich die Mieter zusammen. Zunächst via Facebook, später trafen sie sich im Café um die Ecke, es lag Ärger in der Luft. Schnell waren sie sich einig, dass sie diese Abrechnung nicht hinnehmen wollten - in der ihnen etwa für die Bewachung der Anlage ein Gesamtbetrag von gut 34 000 Euro in Rechnung gestellt wird, was für eine 84-Quadratmeter-Wohnung 185 Euro im Jahr bedeutet.

Die Baustelle wurde bewacht, nicht die Mieter

Ist das Leben in den Höfen so gefährlich? Nein, bewacht worden war die Baustelle, vor Bezug, wie die Patrizia auf Mieternachfrage selbst einräumt. Trotzdem sollen das die Mieter bezahlen.

Und wie gerecht ist die Müll-Abrechnung? Da gibt es eine Wohnung, der werden für den Abfall 940 Euro im Jahr berechnet; einer anderen, kaum kleiner, 134 Euro; und wieder einer anderen null Euro. Auch die Grundsteuer differiert, je nachdem, ob eine Wohnung im West- oder im Ostteil der Anlage liegt. Eine Mieterin hat sich gemeldet mit dem Hinweis, dass die Zählernummern in ihrer Abrechnung allesamt falsch seien. Dass sogar die Quadratmeterzahl ihrer Wohnung nicht korrekt sei und auch die Summe, die sie schon an Nebenkosten bezahlt habe. Die Mieter wundern sich auch über die Kosten für die "Gartenpflege": Gut viermal so hoch wie im Münchner Durchschnitt seien die, teilt der Mieterverein mit.

Die Patrizia weiß, wovon die Mieter sprechen. Es ist nicht das erste Mal, dass Münchner Kunden Sturm laufen gegen die Rechnungen aus Augsburg. Wenn etwas schief geht, entschuldigt sich Patrizia meist artig, zumindest auf Nachfrage. Fragt man in der Augsburger Zentrale jetzt nach den Abrechnungen für die Donnersberger Höfe, klingt die Antwort für Patrizia-Verhältnisse auch schon verdächtig kleinlaut. Ja, man habe "eine Reihe von Widersprüchen und Einwänden" erhalten, schreibt Sprecher Andreas Menke. "Wir werden deshalb sämtliche Betriebskostenabrechnungen aller Mieter - unabhängig davon, ob sie widersprochen haben oder nicht - überprüfen und ggfs. korrigieren."

Meist entschuldigt man sich artig

Tags darauf versprach die Patrizia den Mietern, erst mal keine Nachzahlungen einzufordern. Und bat, doch bitte die Zählernummern in der Abrechnung mit denen in der Wohnung zu vergleichen, in einigen Wohnungen seien die falsch zugeordnet.

Besonders sauer sind die Mieter, weil sie einen Verdacht hegen: Um die Frist nicht zu verpassen, habe die Patrizia wohl noch schnell zum Jahresende etwas verschickt. Patrizia-Sprecher Menke liefert eine andere Erklärung für die späte Zustellung: Der Energiedienstleister habe in dem Neubau eine Technik installiert, um die Zählerstände aus der Ferne abzufragen. Inzwischen wisse man aber, "dass die Funkübertragung nicht richtig funktioniert hat und Ablesewerte nicht korrekt übermittelt wurden".

In den Donnersberger Höfen bekommt der Patrizia-Slogan eine ganz eigene Bedeutung: "Werte entscheiden".

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Quelle:
SZ vom 28.01.2014
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