Süddeutsche Zeitung

Familie:Wenn eine Agentur die Babyplanung übernimmt

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Von Melanie Staudinger

Für Babys Schlaf sollten werdende Eltern sich doch bitte ein Babybett besorgen, einen Stubenwagen, eine Wiege fürs Schlafzimmer und eventuell auch für das Wohnzimmer. Eine luftdurchlässige Matratze, zwei Spannbettlaken, zwei Moltontücher (das sind besonders saugfähige Unterlagen), ein bis zwei Schlafsäcke, eventuell einen Pucksack (so was ähnliches wie ein Schlafsack), ein Babyfon, ein Mobile, eine Woll- oder Baumwolldecke zum Zudecken tagsüber und eine Krabbeldecke vervollständigen die Liste,die angehende Mütter und Väter im Internet finden.

Zur kompletten Ausstattung braucht die junge Familie freilich noch Bodys, Strampler, Socken, Fäustlinge, Baumwollmützchen, ein bis zwei Jacken, Schlafanzüge, Wickelkommoden mit Auflage, etwa sechs Mullwaschlappen (dünn), Fieberthermometer, eine Babynagelschere, Badewanne, Milchfläschchen für Flaschenkinder, bei Stillbaby zwei bis drei Still-BHs (erst nach dem Milcheinschuss kaufen), Spucktücher, Kinderwagen, Autoschale, Regenschutz und vieles mehr. Dann ist ja alles klar - außer die Frage, wer das bitte alles bezahlen soll.

Durch diesen Dschungel hat auch Cathrine Schorp sich vor nicht allzu langer Zeit gewühlt. Im Mai 2016 kam ihre Tochter zur Welt. "Ich hatte selbst erst gar nicht vor Augen, wie hoch der Aufwand wirklich ist, obwohl ich mich schon sehr früh um alles gekümmert habe", sagt die 32-Jährige. Denn schwangere Münchnerinnen stehen noch einmal vor ganz anderen Problemen als Frauen in anderen Regionen, denen die Vielfalt des Angebots zu schaffen macht. Wer sich in der Stadt nicht rechtzeitig um alles kümmert, der tut sich schwer, eine passende Hebamme oder einen Platz im Wunschkrankenhaus zu ergattern.

Was Cathrine Schorp aus eigener Erfahrung kennt, hat sie nun zu ihrem Beruf gemacht. Seit Herbst führt sie ihr eigenes kleines Unternehmen. Liberi heißt es, und Schorp will Schwangere und junge Eltern unterstützen, bei der Hebammen-, Krankenhaus- und Krippenplatzwahl ebenso wie bei Fragen zur Erstlingsausstattung oder zum Finanziellen, beim Elterngeld zum Beispiel. Was bei Abi-Bällen, Junggesellenabschieden oder Hochzeiten längst üblich ist, etabliert sich jetzt auch in der Familienplanung: Experten beraten werdende Eltern, begleiten sie durch Schwangerschaft, Geburt und Elternzeit und erledigen notwendigen Organisationskram.

Liberi solle dabei helfen, dass Frauen ihre Schwangerschaft genießen können, sagt Schorp. Ihr Angebot reicht von "Plötzlich schwanger - das Einstiegspaket" für 49 Euro, über "Der frühe Vogel", ein Paket für Schwangere ab der fünften Woche (249 Euro) und "Entspannt schwanger in München" (399 Euro, dafür gibt es zusätzlich Hilfe bei der Auswahl des Kinderarztes und der Erstausstattung) bis hin zu "Geschlüpft" - hier beantwortet Schorp alle Fragen, die üblicherweise nach der Geburt auftauchen.

Dienstleistungen für werdende Eltern wurden ursprünglich in den USA erfunden und haben sich dort längst zu einer florierenden Branche mit Wachstumspotenzial entwickelt. Die wahrscheinlich bekannteste Vertreterin ist Rosie Pope, die mit ihrer Realityshow "Pregnant in Heels" der New Yorker Oberschicht mit Rat und Tat zur Seite steht. In Deutschland haben sich bodenständigere Firmen durchgesetzt, etwa das in Berlin ansässige Unternehmen Maternita, deren Babyplanerinnen sich seit ein paar Jahren schon um werdende Eltern in der Hauptstadt kümmern.

Wie in Berlin sind auch Schorps Kundinnen in der Regel berufstätige Frauen, die wegen ihres Jobs schlicht wenig Zeit haben, um bei Dutzenden Hebammen vorstellig zu werden. Oder die eben gleich nach dem positiven Schwangerschaftstest alles organisiert haben wollen, in der Arbeit aber zu diesem Zeitpunkt noch nichts verraten wollen, was zum Beispiel Telefongespräche erschwert.

Auch Paare haben sich Schorp zufolge schon gemeldet, die neu in der Stadt sind und denen ein Freundeskreis oder Familienangehörige fehlen, bei denen man sich Tipps holen könnte. Rechtzeitig melden muss man sich in München allerdings auch, wenn man sich eine Babyplanerin leitet. Sie habe Kontakte zu Hebammen, Ärzten und Kitas, sagt Schorp. "Aber ich kann auch keine Wunder vollbringen."

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Quelle:
SZ vom 04.01.2018
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